rücktritt von polenz
: Ein schöner Tag für Edmund Stoiber

Ruprecht Polenz ist nicht mehr Generalsekretär der CDU. Sein Nachfolger soll Laurenz Meyer werden. So viel steht fest. Aber damit hat sich’s dann auch schon hinsichtlich der Gewissheiten. Über die Folgen der Entwicklung und über die Motive aller Beteiligten lässt sich derzeit nur spekulieren – eine Tatsache, die allerdings bereits für sich genommen aufschlussreich ist. Es bieten sich für eine so wichtige Personalentscheidung nur dann mehrere Erklärungen an, wenn der Kurs einer Partei im Nebel liegt und deren Führungsspitze die Kontrolle verloren hat.

Kommentarvon BETTINA GAUS

Möglichkeit eins: Polenz musste als Bauernopfer herhalten, um die Königin zu retten. Noch vor gut einer Woche hatte sich Angela Merkel von den umstrittenen Wahlkampfüberlegungen des Fraktionschefs Friedrich Merz zum Thema Zuwanderung distanziert. Seit der jedoch viel Zuspruch erfahren hat, sieht sich auch seine Parteivorsitzende zur Solidarität veranlasst. Die Ablösung des als liberal geltenden Ruprecht Polenz ist somit eine Richtungsentscheidung, durch die der Fraktionschef gestärkt wird. So weit die eine Lesart.

Vielleicht stimmt aber auch das Gegenteil. Friedrich Merz hat intern bekanntlich nicht nur Freunde, sondern auch viele Gegner. Angela Merkel will seine Schwäche nutzen, um den offenen Machtkampf möglichst bald – also deutlich vor den Bundestagswahlen – für sich zu entscheiden. Dafür muss sie sich von denen trennen, die den Erwartungen nicht gerecht geworden sind. Mit der Ablösung von Polenz und der raschen Berufung von Meyer hat sie sich als tatkräftig und entschlussfreudig erwiesen. Sie ist jetzt stärker als vorher.

Laurenz Meyer steht allerdings bisher nicht etwa für einen bestimmten Kurs, sondern lediglich für die Bereitschaft, bei Bedarf nach allen Seiten zu beißen. Genau das konnte und wollte Polenz nicht. Bleibt die Frage: Wen soll Meyer denn künftig beißen und wohin? Das muss die Parteivorsitzende entscheiden. Ihre Aufgabe ist es, inhaltlich Stellung zu beziehen. Solange sie das nicht tut, nützt ihr auch der beste Generalsekretär nichts.

Derzeit fühlen sich vermutlich sowohl Merkel als auch Merz als Sieger, und sie dürften darin von ihrem jeweiligen Hofstaat bestärkt werden. Vieles spricht dafür, dass beide sich täuschen. Womit die CSU ins Spiel kommt. Deren Interesse ist wenigstens eindeutig: Je länger der Machtkampf innerhalb der Schwesterpartei dauert, desto besser steht Edmund Stoiber da. Gestern war ein schöner Tag für ihn.