Auf politische Bühne

■ Neonazi-Treff Club 88 in Neumünster darf gerichtlich geöffnet bleiben

Schallende Ohrfeige für die Stadt Neumünster: In zweiter Instanz hat gestern das Oberverwaltungsgericht Schleswig (OVG) die von SPD-Oberbürgermeister Hartmut Unterlehberg verfügte Schließung des Neonazi-Treffs Club 88 für unwirksam erklärt. „Entgegen ihrer Angaben ist der Stadt nicht erst seit August 2000, sondern spätestens seit Mai 1998 bekannt, dass der Club 88 über Schleswig-Holstein hinaus einen bundesweiten Treffpunkt der rechtsradikalen Szene darstellt“, begründet OVG-Sprecher Manfred Voswinkel das Urteil. Daher fehle es an der Begründung, warum „nun auf einmal ein besonderes Bedürfnis für die sofortige Schließung vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens bestehen sollte“.

Neumünster hatte Anfang September – nachdem die Stadt jahrelange alle Proteste gegen den rechten Spuk im Treff ignoriert hatte – der Club-Betreiberin Christiane Dolscheid „mit sofortiger Wirkung“ die Konzession entzogen. Die Richter monieren, dass die Stadt der Betreiberin keine Verstöße gegen das Gaststättenrecht nachweisen oder Belege dafür erbringen konnten, dass vom Club „zurechenbare“ Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten ausgegangen seien.

Für die Zukunft geben die OVG-Richter des 3. Senats der Stadt daher einen Rat mit auf dem Weg: „Unbenommen bleibt es, zum Nachweis strafrechtlich relevanten Verhaltens, etwa durch Einschaltung der Staatsanwaltschaft klären zu lassen, ob die Betreiberin schon durch die Bezeichnung Club 88 gegen Strafvorschriften verstößt.“ Nämlich durch die Verwendung möglicherweise verfassungsfeindlicher Kennzeichen: Denn die „8“ steht im Neonazijargon für den achten Buchstaben des Alphabets, das H. Zusammem mit dem englischen Clubslogan „The very last resort“ ergibt sich die Losung: „Heil Hitler – der allerletzte Ausweg.“

Die Stadt sieht sich nunmehr mit ihren rechtlichen Möglichkeiten am Ende. Bürgermeister Unterlehbergs späte Einsicht: „Die Auseinandersetzung um die Gaststätte gehört auf die politische Bühne.“

Für das Wochenende wird aufgrund des Urteils mit einem Nazi-Aufmarsch in Neumünster gerechnet. Peter Müller