Ein Fremdwort namens Lob

■ Der junge Cellist Guo Hau hat geübt und geübt und es nun geschafft: Direkt von der Bremer Hochschule für Künste engagierte ihn das Singapur Symphony Orchestra. Das ist gut fürs Renommee. Heute gibt er ein Konzert

Als Alexander Baillie, Professor für Cello an der Bremer Hochschule für Künste, ihn anlässlich eines Meisterkurses in Beijing fragte, ob er gerne nach Deutschland kommen würde, zögerte er keine Sekunde: Der Cellist Guo Hau aus Cheng Du in der Provinz Sezchuan war 21 Jahre alt, Student am Pekinger Konservatorium, Mitglied der jungen chinesischen Philharmonie, und es war Zeit, über berufliche Perspektiven und Weiterstudium nachzudenken. So kam Guo Hau 1994 nach Bremen. Heute Abend macht er seine künstlerische Reifeprüfung. Doch nicht darüber ist zu berichten, sondern über seine Berufung: Vor einigen Tagen wurde Guo Hau ab 2002 als erster Solocellist im Singapur Symphony Orchestra verpflichtet. Angesichts der Stellensituationen in den großen Orchestern der Welt ist das ein sensationeller Erfolg, auch für das Renommee der Hochschule für Küns-te.

Guo Hau stammt aus einem musikalischen Elternhaus, der Vater, inzwischen pensionierter Intendant eines Theaters, komponierte auch, und die Mutter war Opernsängerin. Sie war dagegen, dass Guo professioneller Cellist werden wollte, „einfach, weil sie die Unsicherheiten des künstlerischen Berufes zu sehr kannte“, sagt Guo Hau. Er hatte zunächst Cellounterricht bei seinem dreizehn Jahre älteren Bruder, und als er im Alter von dreizehn Jahren die Aufnahmeprüfung für die Musikschule nicht bestand, packte ihn der Ehrgeiz: „Das darf doch nicht wahr sein“, meinte er und übte und übte vier Jahre lang. An das Ausbildungssystem in Deutschland musste er sich erst gewöhnen: „In Peking wird man niemals gelobt, und alles ist total verschult. Hier muss man Verantwortung für sich selbst übernehmen, sich selbst organisieren lernen. Das ist sehr schwer. Aber besser“, fügt er noch schnell hinzu.

Alexander Baillie kann sich noch gut daran erinnern, als Guo ihn plötzlich anrief und ihm mitteilte, dass er nun komme: „Das war unglaublich, seine Stimme auf Deutsch zu hören.“ Ein Onkel hat Guos Reise finanziert, und das wunderbare italienische Cello, auf dem er spielt, hat die Sparkasse Bremen zur Verfügung gestellt. „Ich wurde bei dem Vorspiel in Singapur auf die Schönheit des Instrumentes angesprochen, es hat sicher zu dem Engagement beigetragen“, sagt Hau.

Guo spielt schon seit zwei Jahren als Aushilfe im B-Orchester in Nordhausen und verdient sich damit seinen Unterhalt selbst. Wenn man ihn so selbstvergessen intensiv spielen hört, hat man das Gefühl, dass das Cellospielen über seinen Beruf hinaus auch sein Hobby ist. Für diese Bemerkung bedankt er sich. Stilistische Vorlieben hat er keine, er liebt einfach Musik, alles, wenn es gut ist: Am heutigen Abend spielt er Stücke von Bach, Beetho-ven, Britten und die elend schweren Rokkoko-Variationen von Tschaikowsky.

Guo Hau wäre auch gerne in Europa geblieben, aber er freut sich schon, nach Asien zurückzukehren: „Ich kann jetzt so richtig durchatmen, mich erst mal zurücklehnen.“ Obschon er sich da zu Hause fühlt, wo er Musik machen kann. Die Probespiele für die Stelle fanden in München, New York und Singapur statt, und über die anderen BewerberInnen weiß er nichts. Er hat bei seiner Vorstellung Bach, Haydn und Dvorak gespielt. Klassische Musik ist wie in Japan nur etwas für Reiche, das bedauert er, sieht aber nicht, wie es zu ändern ist. Und die chinesische Kultur? „Interessiert mich, ist mir aber im Augenblick eher fremd. Ich brauche Zeit, sie wiederzufinden“.

Ute Schalz-Laurenze

Konzert und künstlerische Reifeprüfung heute, Donnerstag, um 20 Uhr im Konzertsaal der Hochschule für Künste an der Dechanatstraße 13-15.