Spritzen im Buddelkasten

Ein Unbekannter vergräbt Kanülen auf einem Neuköllner Spielplatz. Vermutlich fühlt er sich durch Kinderlärm gestört. Bezirksamt lehnt Schließung des Platzes ab

Andere Bezirke haben Probleme mit infizierten Spritzen, die Drogenabhängige auf Spielplätzen liegen lassen. Neukölln hat auch ein Problem mit Spritzen, aber die haben nichts mit der Rauschgiftszene zu tun. Seit 1994 versteckt ein Unbekannter fabrikneue, saubere Kanülen im Sand eines Buddelkastens am Richardplatz. Mit der Nadel nach oben, damit sich spielende Kinder verletzen. Polizei und Bezirksamt vermuten einen Kinderhasser als Täter, der sich durch den Lärm auf dem Spielplatz gestört fühlt. Für den zuständigen Stadtrat Heinz Buschkowsky (SPD), der der Bezirksverordnetenversammlung gestern über den Fall Bericht erstattete, steht fest: „So etwas kann nur ein Kranker tun.“

Um keine Trittbrettfahrer zum Nachahmen zu animieren, hat die Polizei lange Zeit zu den Vorkommnissen geschwiegen. Als der Täter oder die Täterin am 30. September wieder Spritzen auslegte, informierte sie jedoch die Öffentlichkeit. In einem Fahndundungsaufruf, der in dem Kiez plakatiert ist, wird die Bevölkerung um Hinweise gebeten. Zahlreiche Aktenbände hat der Vorgang bereits gefüllt. Die Aufklärung sei deshalb so schwierig, weil zwischen den einzelnen Taten viele Monate, machmal sogar Jahre lägen, sagt Polizeioberkommissar Mark Treseler.

Ingesamt 17 Taten hat die Polizei seit 1994 verzeichnet. Bei den einzelnen Taten seien jeweils bis zu 50 Kanülen in den Sand gesteckt worden. Für Taten scheint es ein Motiv zu geben: Die Tatsache, dass im Winter nichts passiert ist, stützt laut Treseler die These, dass sich der Täter durch den Kinderlärm gestört fühlt. „Die Fenster stehen nur in der warmen Jahreszeit offen.“ Sehr groß könne der Lärm aber nicht sein, meint Gesundheits-Stadtrat Buschkowsky. Der Spielplatz sei ziemlich klein und spiele in dem dazugehörenden Wohnblock eine eher untergeordnete Rolle.

Wegen der Kanülen ist der Spielplatz bereits acht Mal geschlossen worden. Von solchen Maßnahmen hat das Bezirksamt inzwischen aber Abstand genommen. Stattdessen wird der Sand laut Buschkowsky „täglich“ von Mitarbeitern des Grünflächenamtes nach Spritzen durchsucht. Diese hätten inzwischen einen ziemlich sicheren Blick für die Kanülen entwickelt. Das ist vielleicht auch der Grund, warum sich erst zwei Kinder an den Nadeln verletzt haben. Stadtrat Buschkowsky lehnt die Schließung des Spielplatzes kategorisch ab. „Es kann doch nicht sein, dass ein Irrer die Schließung eines Spielplatzes erzwingt.“ PLUTONIA PLARRE