Koštunica bittet um Geduld

Jugoslawiens Präsident wirbt auf Balkan-Gipfel für Zusammenarbeit. EU will Serbien-Hilfe im November starten. Jugoslawische Regierung für nächste Woche angekündigt

SKOPJE/BELGRAD dpa/afp ■ Jugoslawiens Präsident Vojislav Koštunica hat die Nachbarländer angesichts der anstehenden Wirtschaftsreformen in seinem Land und der Neuordnung der Beziehungen zwischen Serbien und Montenegro um Geduld gebeten. Frieden und Stabilität auf dem Balkan könnten nur durch politischen Dialog und wirtschaftliche Zusammenarbeit erreicht werden, sagte Koštunica gestern in der makedonischen Hauptstadt Skopje zum Auftakt des eintägigen Balkan-Gipfels. Europa und die Welt könnten den Balkanstaaten dabei helfen. An dem Gipfel nahmen neben Koštunica die Staats-und Regierungschefs aus Makedonien, Albanien, Bulgarien, Griechenland, Rumänien und der Türkei teil.

EU-Balkankoordinator Bodo Hombach forderte die Teilnehmer auf, gutnachbarschaftliche Beziehungen zu entwickeln. Zu der für heute offiziell geplanten Aufnahme Jugoslawiens in den Balkan-Stabilitätspakt sagte Hombach, Belgrad werde in diesem Fall „die gleichen Rechte und die gleichen Pflichten“ haben wie die anderen Länder.

Die EU will ihre Hilfe für Serbien in der zweiten Novemberhälfte anlaufen lassen. Dies sagte ein Sprecher der EU-Kommission. Nach der demokratischen Wende hatte die EU die Bereitstellung von 200 Millionen Euro (rund 400 Millionen Mark) noch in diesem Jahr beschlossen.

Der Sprecher sagte, die Hilfe werde vorrangig über Städte und Gemeinden, die demokratisch verwaltet werden, abgewickelt. Der Weg der Hilfsgelder über die Ministerien soll umgangen werden, damit die Hilfe so schnell wie möglich zu den Menschen kommt. Die Hilfe soll sich auf Lebensmittel, Heizung und Strom und Medikamente konzentrieren. Die EU will auch helfen, Elektrizitätswerke zu reparieren.

Nach zweiwöchigen zähen Verhandlungen hatte das serbische Parlament am Dienstagabend die Bildung einer Übergangsregierung gebilligt. Sie soll bis zu Neuwahlen am 23. Dezember im Amt bleiben. An der Regierung aus der Demokratischen Opposition Serbiens (DOS) und der Serbischen Erneuerungsbewegung (SPO) ist auch die Sozialistische Partei (SPS) von Expräsident Slobodan Milošević beteiligt. Sie stellt mit dem SPS-Politiker Milomir Minić den Ministerpräsidenten. Seine zwei Stellvertreter kommen von der DOS und der Erneuerungsbewegung SPO. Entscheidungen sollen im Konsens getroffen werden.

Das Übergangskabinett besteht aus 33 Ministern, die zwischen den drei Parteien aufgeteilt wurden. Die vier Schlüsselressorts Inneres, Finanzen, Justiz und Information sollen von den Koalitionspartnern paritätisch geführt und Entscheidungen einstimmig gefällt werden. Minić nannte als wichtigste Aufgabe seines Kabinetts die Wiederherstellung von „Ruhe und Ordnung“ und die Normalisierung des öffentlichen Lebens.

Nach den Worten von Koštunica wird Jugoslawien auf Bundesebene in der kommenden Woche ebenfalls eine neue Regierung bekommen. Sie soll aus Vertretern der DOS und der montenegrinischen Sozialistischen Volkspartei (SNP), deren Vizechef Zoran Zizić mit der Regierungsbildung beauftragt wird, zusammengesetzt sein.

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