Gleichgültigkeit um Bauprojekt Haven Höövt

■ Proteste ohne Ende als die Werftbrache verbaut werden sollte und die Vegesacker Informationen nur häppchenweise erhielten / Heute ist Spatenstich

Heute ist Spatenstich für das Einkaufszentrum Haven Höövt – nach zehn Jahren Planungen, Diskussionen, Geheimhaltungen und umstrittenen Entscheidungen. Für einen Rückblick auf eine Dekade Haven Höövt sprach die taz mit Britta Rösener, Landschafts- und Freiraumplanerin, die in ihrer Diplomarbeit die Entwicklungen analysierte.

taz: Was war für Sie eigentlich so spannend an dem Haven Höövt-Projekt?

Britta Rösener: Ich habe die Entwicklungen aus Hannover verfolgt und mich gefragt, warum auf diesem schönen Grundstück ein Einkaufszentrum geplant wird – nachdem sich in persönlichen Gesprächen sogar Planungsvertreter kritisch dazu geäußert hatten. Ich wollte wissen, warum ein solches Projekt dennoch umgesetzt werden sollte und wie es zu solchen Entscheidungen kommen konnte.

Was haben Sie aus den Gesprächen mit Vertretern aus Politik und Verwaltung, mit Kritikern und dem Investor gelernt?

Ich habe viel über die unterschiedlichen Sichtweisen auf ein solches Projekt, aber natürlich auch über Demokratie, Macht und Menschen gelernt.

Was ist eigentlich das besondere am Haven Höövt?

Das Projekt selbst ist gar nicht so besonders. Aber man kann hier viele Tendenzen erkennen, die auch in anderen Städten aktuell diskutiert werden.

Zum Beispiel?

Diskussionen darüber, wie die Stadtzentren gestärkt werden können und wie zukünftig das Einkaufen organisiert werden kann. Das Haven Höövt-Projekt spiegelt auch den Trend wieder, dass Städte zunehmend mit Investoren zusammen planen und Projekte in sogenannten Public-Private-Partnerships kooperativ entwickeln.

7.500 Unterschriften haben die Vegesacker gegen das Einkaufzentrum gesammelt. Was hat den Protest stark gemacht?

Das hat verschiedene Ursachen. Zum Beispiel gab es keine offene, transparente und frühzeitig geführte Diskussionen über die möglichen Entwicklungen im Stadtteil. Stadtteilpolitik, Einzelhändler und Bürger sind erst informiert worden, als Entscheidungen bereits gefällt waren. Und die Informationen kamen nur einseitig und häppchenweise. So ist schnell und viel polemisiert worden. Hinzu kommt, dass die Pläne die hochgesteckten Erwartungen vieler Bürger nicht erfüllt haben.

Warum wurden die Vegesacker nicht stärker in die Planungen eingebunden?

Ich denke, daran gab es kein Interesse. Vielleicht hat man auch nicht daran gedacht. Außerdem ist Haven Höövt ein privates Grundstück gewesen, auf dem ein privater Investor plante. In den formal-rechtlichen Planungsverfahren ist es auch üblich, daß eine Beteiligung der Bürger so spät erfolgt.

Sie sagen, Sie haben viel über Macht gelernt. Wer hatte hier die Macht?

Auf der privaten Seite der Grundstückseigentümer Lürssen und später der Investor Albrecht. Auf der städtischen Seite war das im wesentlichen das Wirtschaftsressort.

Wie souverän war die Stadt in ihren Entscheidungen?

Es ist die Frage ob und wie souverän die Stadt eigentlich entscheiden kann. Anfangs hatte die Stadt gegenüber den Lürssens eine recht gute Verhandlungsposition. Das änderte sich aber im Laufe der Zeit – auch durch den Vulkan-Konkurs. Ich denke, dass die Stadt Mitgestaltungsmöglichkeiten dadurch verschenkt hat, dass sie das Grundstück nicht gekauft hat, bevor mit der Altlastensanierung und der Investorensuche begonnen wurde.

Sie sagen in Ihrer Arbeit, Bremen hätte keine Planungskultur. Was meinen Sie damit?

In diesem Projekt wurden wichtige Vorentscheidungen sehr weit oben zwischen politischen Vertretern und den privaten Partnern gefällt. Das heißt, dass die Fachebene in weiten Teilen nur korrigieren kann.

Was kann die Stadtöffentlichkeit aus diesem Fall lernen?

Dass es wenig Sinn macht, sich politisch zu engagieren. Man könnte lernen, daß es den Stadtoberen lieber ist, wenn man den Mund hält und daß man für Bürgerengagement nur bestraft wird.

Heute ist Spatenstich. Wie ist denn inzwischen die Stimmung?

Es hat sich Gleichgültigkeit eingestellt. Haven Höövt ist kein Thema mehr.

Fragen: Dorothee Krumpipe