Der magische 00er

Weinjahrgang 2000 litt unter schlechtem Wetter und brachte die ganz große Arbeitsschlacht

von MANFRED KRIENER

Der magische Jahrgang 2000 bescherte an Rhein, Main und Mosel nicht den erhofften großen Wurf. Der Jahrgang ist schwierig, mit großem Qualitätsgefälle. Nach dem furiosen 99er mussten die deutschen Winzer in diesem Jahr gegen eine teilweise extreme Fäulnis ankämpfen. Zugleich war die Erntemenge groß, die Reben hingen voll mit Trauben, die in manchen Weinbergen aber nur noch zur Hälfte gesund waren.

Die Winzer hatten sehr viel Arbeit, um die guten Trauben herauszulesen. „Wir haben jede dreimal in die Hand genommen“, sagt Sachsenwinzer Klaus Zimmerling. Teilweise wurden fünfzig Prozent, in Extremfällen zwei Drittel weggeworfen. Trockeneres Wetter in der zweiten Oktoberhälfte gab aber zumindest dem spät reifenden und gegen Fäulnis resistenteren Riesling noch einen Reifeschub und brachte bei der wichtigsten deutschen Sorte doch noch einige Spitzenweine. Noch immer hängen vor allem im Rheingau und an der Mosel etliche Trauben am Stock.

Es war ein Jahr der Extreme: Schon im April und Mai begann der Sommer, und die Vegetation im Weinberg explodierte. Selbst alte Winzer konnten sich kaum an einen Jahrgang mit solchem Vegetationsvorsprung erinnern. Es war die früheste Weinblüte seit fünfzig Jahren.

Der kalte regnerische Juli stoppte die Euphorie. Der August versöhnte dann wieder. „Mit großer Gewissheit lässt sich der Jahrgang schon heute als guter Start ins neue Jahrtausend beurteilen“, schrieb der Verband der Prädikatsweingüter Ende August. Zu früh gefreut: In der zweiten Septemberhälfte brachte das schlechte Wetter im Verein mit einer Invasion von Beeren knabbernden Wespen und später auch noch Essigfliegen die Trauben zum Faulen.

Ambitionierte Winzer hatten wegen des starken Traubenansatzes den Ertrag durch eine „grüne Ernte“ drastisch reduziert. Dabei wird ein Teil der noch sehr kleinen Früchte schon im Sommer ausgebrochen, damit der Stock weniger gestresst ist und den verbliebenen Behang besser versorgt. Wer kräftig reduzierte, bekam diesmal nur kleine Mengen, weil bei der Ernteselektion nochmals heftig aussortiert werden musste.

Sorgfalt war oberstes Gebot: Wer mit dem Vollernter durch die Rebzeilen ritt und damit auch faules Lesegut von den Stöcken rüttelte, kelterte unsaubere Weine. Wer dagegen bei der Lese besonders penibel arbeitete, hat trotz des schlechten Herbstwetters noch gute, manchmal sogar sehr gute Weine im Tank. Der 2000er wird leichter ausfallen, mit wenigen Spät- und Auslesen bei Burgundersorten und frühreifen Gewächsen. Die Rotweine erreichen nicht die Reife und Kraft des 99ers.

Rotweine sind wegen der aus den Beerenhäuten extrahierten Farbe besonders auf gesunde Trauben angewiesen. Hier musste teilweise extrem ausgelesen werden. Karl-Heinz Wehrmann, für seine eleganten Pinots bekannter Winzer aus der Pfalz, hat die Hälfte der Ernte weggeworfen. Das übrig gebliebene Lesegut brachte dann aber gute 94 Oechsle und eine schöne Farbe. In der Pfalz und in Rheinhessen waren die Ausfälle gravierend, etwas geringere Fäulnisschäden meldeten Franken und die Riesling-Hochburgen Rheingau und Mosel.

Fritz Keller vom Kaiserstühler Weingut Franz Keller hat eine wahre Arbeitsschlacht hinter sich. Nach dem Auslesen der gesunden Trauben sei beim Spätburgunder nur eine kleine Menge übrig geblieben – immerhin mit Spätlese-Niveau. Weiß- und Grauburgunder brachte er mit guter Qualität und neunzig Oechsle auf die Kelter. „Die Moste schmecken gut!“ Bei seinen Rundgängen in den Weinbergen hat Keller größere Unterschiede als in anderen Jahren entdeckt. „Die höheren Lagen brachten das sehr viel bessere Lesegut.“