Sargnägel mit Köpfchen

Neue Chefs sollen für Spinger nicht nur „Bild“ sanieren, sondern auch im Internet Geld verdienen

von ARNO FRANK

Schon letzte Woche hatte sich das Personalkarussell ächzend in Gang gesetzt, als der Axel Springer Verlag (ASV) mit Michael Spreng (52) den langjährigen Chefredakteur von Bild am Sonntag (BamS) vor die Tür setzte. Am Donnerstag dann machte der Aufsichtsrat nach langem Gemunkel endlich Nägel mit Köpfen: Ab dem 1. Januar 2001 werden auch die Chefredakteursposten von Bild, B.Z. und Welt am Sonntag (WamS) neu besetzt. Mit dieser Entscheidung des ASV-Aufsichtsrates vom Donnerstag werden nicht nur die zuletzt wild wuchernden Spekulationen beendet, sondern auch die Position des designierten Vorstandsvorsitzenden und Welt-Chefs Mathias Döpfner (37) gestärkt – er wird am 1. Januar 2002 diesen Job von August Fischer (61) übernehmen.

Die konzertierten Wechsel in der Führungsspitze von Europas größtem Zeitungshaus entsprechen den Umbauplänen von Mathias Döpfner, der sich von einer verjüngten Mannschaft an Chefredakteuren eine bessere Verknüpfung von Print- und Internetprodukten erhofft. Gleichzeitig ist es ein Versuch, die sinkenden Auflagen der Flaggschiffe Bild (zuletzt 4,48 Millionen), BamS (2,57 Millionen) und B.Z. (unter 260.000) abzufedern – die Boulevardblätter leiden unter der Konkurrenz von Internet und TV. Was die Spitzen von Bild und B.Z. betrifft, wurden verhältnismäßig sozialverträgliche Lösungen gefunden: Der bisherige Bild-Chef Udo Röbel (50) darf in gleicher Position bei www.bild.de weiterwerkeln, wo er ein junges Publikum im jungen Medium abholen soll. Und Franz-Josef Wagner (57), gefürchteter Blatt- und Titelmacher („Franziska van Speck – Als Molch holt man kein Gold“) von B.Z. und B.Z. am Sonntag bleibt als „Edelfeder“ und Über-Kolumnist „für mehrere Zeitungen des Verlages“ erhalten.

Die dergestalt geschassten Fiftysomethings werden durch dynamische Thirtysomethings ersetzt: Für Röbel kommt der Kohl-Freund Kai Diekmann (36) von der Welt am Sonntag zu Bild und BamS, wo er „die Synergien“ zwischen beiden Blättern nutzen soll. Diekmanns Job bei der WamS übernimmt Thomas Garms, der zuvor unter anderem die Männer-Illustrierte Men’s Health zu einer Zierde ihres Genres gemacht hatte. Die BamS wird derweil „bis auf weiteres“ von Claus Strunz (34) geleitet. Für Wagner wird Georg Gafron (46) die Berliner Zeitungen B.Z. und B.Z. am Sonntag übernehmen, obschon er bisher in anderen Medien heimisch war: Gafron leitet derzeit als Geschäftsführer das Berliner Radio Hundert,6 und den Sender TV Berlin. Seine Ernennung indes überrascht kaum, gilt Gafron doch als Protegé des Medienunternehmers Leo Kirch, mit 40,05 Prozent neben der Springer-Familie zweitgrößter Aktionär des ASV.

Das richtige Personal also für die „Zwei-Säulen-Strategie“ von Mathias Döpfner, der sich ursprünglich durch die Sanierung der maroden Welt empfohlen hatte – durch die Verknüpfung von Internet- mit Print-Inhalten, die er nun in großem Maßstab dem ganzen Verlag angedeihen lassen will.