krise bei bild, b.z. & co.
: Über die Klinge springern

Da werden die Namensschildchen-Hersteller aber ganz schön etwas zu kratzen haben, im Berliner Axel-Springer-Hochhaus: Der Wechsel an der Konzernspitze des Verlags betrifft gleich fünf Posten. Zwei Herren kommen dazu, einer steigt auf im Haus und zwei steigen ab.

Kommentarvon JENNI ZYLKA

Das Ganze soll Teil eines großflächigen Angriffs sein: Ab heute wird zurückgeschmuddelt! Und zwar an allen Fronten. Noch-Bild-Chef Udo Röbel macht’s jetzt bei Bild online, Berlins kleinster Wadenbeißer Georg Gafron als B.Z.-Boss auf dem Papier, Welt am Sonntag-Chef Diekmann geht zur Bild, und in seinen Sessel setzt sich Thomas Garns (von Men’s Health!). Alle für einen, im Namen des angeschlagenen Print-Boulevards. Immerhin versucht Springer dort, zu retten, was zu retten ist. Im Fernsehbereich allerdings überlässt es der Megaverlag lieber dem mit knapp über 40 Prozent beteiligten Partner Leo Kirch und dessen Sendern Sat.1 und DSF, die Menschheit mit Klatsch und Sport glücklich zu machen. Man mischt sich nicht ein. Und muss dabei nur vorsichtig sein, dass man sich nicht gegenseitig die Quoten bzw. Auflagen verdirbt: Boulevard im Fernsehen ist nämlich die schlimmste Konkurrenz für die klassischen, schön tratschigen, mit fetten Überschriften zugeklebten Boulevardblätter.

Spezi in diesem Bereich war bis dato der geschasste B.Z.-Chefredakteur und „Gossen-Goethe“ Franz-Josef Wagner, der sich diesen Titel wahrscheinlich höchstselbst ausgedacht hat, denn das ist genau sein typischer Stil. Wagner ist jetzt also weg vom Fenster in der oberen Etage und muss stattdessen für alle Springer-Zeitungen da sein: Als „Chefkolumnist“ des Hauses soll er nun eine tüchtige und amtliche Edelfeder werden.

Aber auch Edelfeder ist Metall respektive altes Eisen. Und Chefkolumnist zu sein, vor allem mit dem vagen Auftrag, möglichst „neue Formate zu entwickeln“, ist eben doch eine Art Schadensbegrenzung: So herunterwirtschaften wie die B.Z. oder die B.Z. am Sonntag wird Wagner die Kolumnen, egal wo, schon nicht. Dass Noch-Bild-Mann Udo Röbel neuerdings jedoch, wie vom Verlag versichert, freiwillig den „Infotainment-Online-Bereich“ aufbügelt, scheint der offensive Versuch des Blattes zu sein, der durch Überalterung der Klientel zügig voranschreitenden Boulevardkrise Herr zu werden – im Netz kriegen wir die Kids bestimmt. Denn für die, das bestätigt sich in Medienanalysen, muss es vor allem flimmern.

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