die stimme der kritik
: Betr.: Sport und Drogen

Gutmenschelnde Offerte

Bayer Leverkusens Manager Calmund hat einen neuen Spitzenjob für Christoph Daum parat: „Er könnte mit seiner Art und seiner Ausdrucksweise eine besondere Rolle in der Anti-Drogen-Bewegung einnehmen. Er hat das Zeug, auf diesem Weg ein nationaler Held zu werden. Noch viel mehr als zum Beispiel ein Harald Juhnke.“ Das hat schon Klasse: seinen Angestellten beim ersten Verdacht eines Drogenproblems sofort rausschmeißen und ihm dann eine heldenhafte Karriere als Abstinenz-Apostel andienen. Warum, fragt man sich da, wurde der DFB-Vize Mayer-Vorfelder als Minister in Baden-Württemberg nicht schon vor Jahren fristlos entlassen, mit dem Verweis, dass er als Präsident der Anonymen Alkoholiker ja noch ganz groß rauskommen kann? Noch viel mehr als Harald Juhnke! Dass die gutmenschelnde Offerte an den gefeuerten Angestellten ausgerechnet von einer Drogenfirma kommt, die ihren Aufstieg von der Farbenklitsche Elberfeld zum Weltkonzern Bayer dem Heroin verdankt, das ein halbes Jahrhundert lang als garantiert nicht süchtig machend weltweit verdealt wurde – dieser Stallgeruch macht die Sache erst rund und den Fall Daum beispielhaft für die Bigotterie der Drogenpolitik.

Sowie für „unseren sauberen Spocht“, den Pilsgesichter wie Calmund zwischen Bier-Reklame und „Kümmerling“-Spot leutselig präsentieren. Daum ist kein Opfer der Droge, sondern, wenn überhaupt, eines der Drogenpolitik – und abgesehen von dem Zynismus seines Exchefs ist der Rat gründlich falsch, sich jetzt zum Helden des Drogenkriegs aufzuschwingen. Selbst wenn Bayer, um das Image zu peppen und das schlechte Heroin-Gewissen zu beruhigen, einen dicken Etat dafür springen lassen würde. Eine Fortsetzung des „Keine Macht den Drogen“-Unsinns mit anderen Mitteln und dem Dampfredner Daum an der Spitze kann nur nach hinten losgehen. Spätestens seit Oli North & Co haben sich die US-Geheimdienste des globalen Kokaingeschäfts angenommen und so in den letzten 15 Jahren den Straßenpreis um über die Hälfte reduziert. Der Krieg gegen die Droge Kokain ist definitiv nicht zu gewinnen – und als gewiefter Stratege sollte Daum wissen, was in so einem Fall zu tun ist: „If you can’t beat them, join them.“ Und zwar weder als Linienrichter beim FC Medellín noch als Apostel puritanischer Abstinenz, sondern als Propagandist einer neuen Politik im Umgang mit Doping. Konkret in Sachen Kokain: Koka-Blätter frei in alle Bioläden und Apotheken!

MATHIAS BRÖCKERS