Kürbiskotze und Orangensaft

Welches effektvolles Equipment zu einer richtig gelungenen Halloween-Party gehört

„Granu Fink, damit ihr Halloween nicht in die Hose geht“, steht auf einem selbst gemalten Schild in einem Apothekenschaufenster. Das ist lustig. Darüber bepissen muss man sich allerdings nicht.

Halloween ist nicht lustig. Im letzten Jahr ließ ich mich überreden, anstatt wie gewohnt den Abend mit den Halloween-Folgen der „Simpsons“ zu begehen, an diesem Datum eine Party zu veranstalten. In einem Fachgeschäft, in dem man nur kurz vor Karneval und dem 31. Oktober Kundschaft sieht, besorgte ich dringend notwendiges Zubehör wie Sprühspinnweben, Gummiaugäpfel und eine fluoreszierende Eishockeymaske. Um den Inhalt meiner Geldbörse erleichtert, glaubte ich, beim Verlassen des kleinen Horrorladens ein höhnisches Lachen des Besitzers gehört zu haben. Auch Baumärkte und Bastelgeschäfte locken alljährlich mit überteuerten, billig produzierten Gruselartikeln. Und dass bereits zu Herbstanfang so gut wie jedes Schaufenster mit Kürbissen dekoriert ist, ist so sicher wie das Aquarium in einem Chinarestaurant.

Glücklicherweise zählt zu meinem Freundeskreis ein den humorvollen Dingen des Lebens nicht abgeneigter Bestatter, der mir mit weiterem, äußerst effektvollem Equipment aushalf. Ein halbes Dutzend Urnen hätte ich mir auch nicht leisten können. Geschweige denn gebrauchen, da sich seinerzeit die Verwandtschaft bester Gesundheit erfreute. Dazu gab es ein paar Flaschen Sekt, mehrere Kisten Bier und zwei Tüten Orangensaft, die den ganzen Abend nicht angerührt wurden. Der Bitte, sich dem Anlass gemäß zu kostümieren, entsprach natürlich nicht einmal die Hälfte der Gäste. Nach anderthalb Stunden war die Halloween-Party nicht mehr weit davon entfernt, eine Meldung in der Lokalzeitung zu werden. Meine Stimmung verschlechterte sich allerdings erst, als sich herausstellte, dass die künstliche Kotze auf dem Teppich echt war. Der Verdruss über das neue Muster auf dem bis dahin einfarbigen Bodenbelag relativierte sich schnell, da auch meine mit Theaterblut gefüllte Infusionsflasche ihren Inhalt nicht für sich behalten konnte. Diese Zwischenfälle sollten sich als geradezu unbedeutend erweisen, da jemand meinte, mit der von mir nicht genehmigten Einladung einer trinkfreudigen Punk-Band die Party etwas aufzupeppen.

Meine Wohnung wurde kurzerhand in einen riesigen Aschenbecher umfunktioniert. Auch bei der Zwischenlagerung von Brandrückständen in den ausgeliehenen und noch zum Verkauf bestimmten Urnen konnte man nicht mehr von einer sachgemäßen Benutzung sprechen. Halloween zeigte sein wahres Gesicht. Und es war eine Fratze. Am nächsten Tag schien mir mein Schädel so groß wie die orangefarbene, ausgehöhlte und mit Augenöffnungen versehene Frucht auf der Fensterbank. Beim Aufräumen musste ich zu allem Übel den Verlust meiner Borussia-Mönchengladbach-Sammelbecher feststellen. Der Dieb war bestimmt dieselbe Person, die den billigen Sekt mitbrachte. Möge er den Rest seines nichtswürdigen Lebens unter Blasenschwäche leiden und auf die Wirkstoffe des Arzneikürbisses angewiesen sein. Ich habe mir jedenfalls am letzten Halloween wieder die „Simpsons“ angeschaut. CHRISTIAN JÖRICKE