Zahlung per Gesetz erzwingen

SPD will zahlungsunwillige Firmen per Gesetz in Entschädigungsfonds zwingen. Kuratoriumsmitglied Lothar Evers kritisiert Konstruktionsfehler der Bundesstiftung

BERLIN taz ■ Die Frage der Rechtssicherheit sorgte auch auf der dritten Sitzung der Kuratoriumsmitglieder der Stiftung „Erinnerung, Verantwortung, Zukunft“ für Streit. Der Verhandlungsführer der Wirtschaft, Manfred Gentz, will vor Beginn der Entschädigungszahlungen an NS-Zwangsarbeiter den Schutz der Banken vor US-Sammelklagen gewährleistet sehen.

Unterdessen überlegt die SPD, zahlungsunwillige Firmen notfalls per Gesetz in den Fonds zu zwingen. In der letzten Vorstandssitzung sei diskutiert worden, das im Sommer verabschiedete Stiftungsgesetz noch einmal zu ändern, bestätigte Stellvertreter Ludwig Stiegler der taz. „Es ließe sich hilfsweise eine Veranlagung einfügen, auf der die Unternehmen namentlich genannt würden.“ Es handele sich bisher nur um eine Warnung an die Wirtschaft, betonte der innenpolitische Sprecher der Partei, Dieter Wiefelspütz. Er könne sich aber eine Umlageverpflichtung für Unternehmen vorstellen, die nachweislich Zwangsarbeiter beschäftigten. Im Stiftungsgesetz ist nur der Beitrag genannt, zu dem sich die Stiftungsinitiative verpflichtet hat. Den Fall, dass derWirtschaftsanteil nicht zusammenkommt, sieht es nicht vor.

Wolfgang Bosbach, stellvertretender CDU/CSU-Fraktionschef lehnte Zwangsmittel ab. „Mir ist völlig unklar, wie ein solches Gesetz aussehen soll.“ Seit dem Krieg hätten sich Besitzverhältnisse geändert, viele Firmen existierten nicht mehr. „Wer will festlegen, wer zahlen muss? Es ist fraglich, ob wir von Firmen Geld fordern können.“

Genau das will Lothar Evers, Kuratoriumsmitglied und Sprecher des Bundesverbandes Information und Beratung NS-Verfolgter – wenn auch nicht per Gesetz. „Ein Teil des Geldes liegt auf dem Konto. Warum liefert die Wirtschaft es dann nicht bei der Bundesstiftung ab?“ Wenn sie die Mittel nicht bis Jahresende bereitstelle, sollte der Bund die steuerliche Abzugsfähigkeit zurücknehmen. „Jetzt rächen sich die Konstruktionsfehler beim Stiftungsgesetz“, kritisierte Evers. Da die Stiftung keine Rechtsform besitze, könne der Bund auch niemanden belangen. NICOLE MASCHLER