Keine Zeit für alten Kram

taz-Serie: Die Nebenbänkler, Folge 4. Nach Jahren fußballerischer Abstinenz kehrte Manfred Kaltz als Assistent seines alten Teamkameraden Felix Magath bei Eintracht Frankfurt in die Bundesliga zurück

aus Frankfurt KLAUS TEICHMANN

Kevin Keegan und Horst Hrubesch sind Nationaltrainer geworden, Felix Magath Bundesligatrainer, Georg Volkert, Bernd Wehmeyer und Holger Hieronymus tummelten sich in der Bundesliga als Manager. Und Manfred Kaltz? Von dem war jahrelang nichts zu hören. Zu heikel war ihm in den Jahren um die Wendezeit wohl die politische Kategorie der Banane, die seinen gefürchteten Flankenbällen ihren Namen gab, als dass Manni hätte reüssieren können. Bis zum Sommer 2000 dauerte es, ehe Manfred Kaltz zurückkam. Als Co-Trainer bei Eintracht Frankfurt. „Es hätte aber genauso gut Stuttgart oder Gelsenkirchen sein können. Als Trainer muss man eben flexibel sein“, sagt der 47-Jährige, der nun seinem alten Weggefährten Felix Magath an der Seitenlinie adjutiert.

Mit 17 kam er zum Hamburger SV, machte bis 1988 stolze 582 Bundesligaspiele – nur Frankfurts Karlheinz Körbel kommt mit 602 Einsätzen an dem einstigen rechten Verteidiger vorbei. Erfolge gab es reichlich: 1976 Pokalsieger, dreimal deutscher Meister, Europapokal der Pokalsieger und 1983 gegen Juventus Turin Europapokal der Landesmeister, als sein heutiger Chef Felix Magath den einzigen Treffer zum 1:0 erzielte.

Kaltz’ Bananenflanke ist eine feste Größe in der Mythengeschichte der Bundesliga. In einem weiten Bogen segelte der mit viel Effet getretene Ball von rechts auf den gegnerischen Keeper zu, ehe er sich im entscheidenden Moment wegdrehte und punktgenau auf dem Kopf des eigenen Stürmers landete – beim HSV damals zumeist auf dem von Horst Hrubesch.

53 seiner 75 Bundesligatore resultierten aus Elfmetern. „Ich wollte eben auch einmal frei zum Torschuss kommen“, witzelt der sichere Strafstoßschütze, der nur sieben Mal scheiterte. 69 Länderspiele hatte Kaltz am Ende. Besonders mit Trainer Ernst Happel verband ihn eine innige Seelenverwandtschaft. Ebenso wie der grummlige Österreicher ist auch Kaltz als wortkarg bekannt. „Wir haben uns angeschwiegen, da konnte es ja keine Probleme geben“, sagt er heute über seine Zusammenarbeit mit Happel.

Auch in Frankfurt erweist sich der früher ironisch als „Schwätzer“ titulierte Schweiger bei Interviews als harte Nuss. Er beherrscht alle Standardfloskeln, murrt gern über „den alten Kram“. Mit, „ach, wen interessiert das denn?“ begegnet er seinen Gesprächspartnern am liebsten. Die Trainerlizenz bekam Kaltz in diesem Jahr qua DFB-Sonderlehrgang für langjährige Nationalspieler. Ex-Mannschaftskollege Felix Magath holte ihn nach Frankfurt. „Das ist optimal für mich gelaufen“, sagt Kaltz, der zuvor für eine Mineralwasserfirma tätig war.

In Frankfurt übt er seinen Job seitdem so geflissentlich wie unauffällig aus. In den Medien tritt Manfred Kaltz so gut wie nie in Erscheinung – perfekt dem Co-Trainer-Image entsprechend. Auch auf den Pressekonferenzen nach den Heimspielen sieht man ihn nie. Kaltz scheut die Medien. Was die immer fragen!

Und die geheime Technik der Bananenflanke? Will er sie seinen Eintracht-Schützlingen nicht beibiegen? Ach, sagt der Hobbygolfer (Handicap 13), jeder müsse „seinen eigenen Stil zu flanken“ finden. Anders als Cheftrainer Magath, der Raubautzige („Ich bin kein Freund der Spieler“), arbeitet Kaltz sachlich im Hintergrund. Beim Torwarttraining piesackt er jedoch schon einmal die Eintracht-Keeper. Klar, mit seinen tückischen Bananenflanken. Immer noch effektiv und mit viel Effet.

Bisher erschienen: Juri Schlünz (Hansa Rostock) am 5. Oktober, Michael Henke (Bayern München) am 10. Oktober, Uwe Neuhaus (Borussia Dortmund) am 24. Oktober.