Angst vor neuem Überfall in Finsterwalde

Rechte Attacke auf Wohngemeinschaft war eine Verwechslung. Empörung über Haftentlassung aller Tatverdächtigen

BERLIN taz ■ Eine Woche nach dem brutalen Überfall von Skinheads auf eine Wohngemeinschaft im brandenburgischen Finsterwalde (Kreis Elbe-Elster) gehen die drei WG-Bewohner davon aus, dass der Anschlag gar nicht ihnen galt. „Wir sind vermutlich verwechselt worden“, sagten die Bewohner der taz. Vieles spreche dafür, dass der Überfall eigentlich die Punks aus dem gegenüberliegenden Haus treffen und „einen Fascho rächen“ sollte, der zuvor von Punks „zusammengelegt“ worden sei. Auch die Polizei Cottbus mochte gestern einen „Racheakt“ als Tatmotiv nicht ausschließen.

Unterdessen hat der Staatsschutz zehn Tatverdächtige, alle zwischen 17 und 20 Jahre alt, ermittelt. Insgesamt geht die Polizei von zwanzig beteiligten Schlägern aus. Haftbefehle gegen vier der Heranwachsenden hob das Amtsgericht Liebenwerda jedoch gegen Meldeauflagen und mit Hinweis auf das Jugendstrafrecht wieder auf.

In Finsterwalde rief diese Nachricht Empörung hervor. „Ich halte diese Entscheidung für dramatisch für das sich entwickelnde Demokratieverständnis“, sagte Bürgermeister Johannes Wohmann (FDP) der taz. Es sei den Opfern schwer vermittelbar, weshalb Menschen, die im Verdacht stünden, mit Äxten und Baseballschlägern Fenster eingeschlagen und eine ganze Wohnung verwüstet zu haben, wieder auf freiem Fuß seien.

Die Finsterwalder Jugend ruft heute erneut zu einer Demonstration gegen rechte Gewalt auf dem Marktplatz auf. Gewerkschaften, Politiker aller Parteien, Vereine und Geschäftsleute haben ihre Teilnahme zugesagt. HH

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