CDU: Einwanderer müssen römisches Recht kennen

Union legt Immigrationskonzept vor. Zuwanderer sollen Humanismus und antike Philosophie „akzeptieren“. Merkel definiert „Leitkultur“ als Patriotismus. SPD bremst Grünen-Modell aus

BERLIN taz ■ „Deutschland ist ein Einwanderungsland“, sagte der saarländische Ministerpräsident Peter Müller gestern auf der Pressekonferenz, die die CDU zur Vorstellung ihres Einwanderungskonzepts gab. Im Text des „Eckpunkte-Papiers“ selbst kommt der Satz freilich nicht vor – anders als der umstrittene Begriff der „Leitkultur“. Auf Druck der CDU-Vorsitzenden Angela Merkel ist das Wort wieder aufgenommen worden. Merkel verteidigte ihre „Leitkultur“ mit einer Definition: Darunter zu verstehen seien unter anderem „Vaterland, Patriotismus und Nation“. Dagegen wandte sich Müller, der auch Chef der CDU-Einwanderungskommission ist, erneut gegen den Begriff und nannte ihn „nicht hilfreich“.

In dem gestern einstimmig von Präsidium und Vorstand verabschiedeten Papier wird von den Einwanderern Respekt vor dem Grundgesetz und das Erlernen der deutschen Sprache verlangt. Zudem müssten sie die „Werteordnung unserer christlich-abendländischen Kultur, die vom Christentum, Judentum, antiker Philosophie, Humanismus, römischem Recht und der Aufklärung“ geprägt worden seien, akzeptieren.

Das Asylrecht will die CDU weiterhin gewährleisten, allerdings eher als institutionelle denn als individuelle Garantie. Dies dürfe „kein Tabu bleiben“. Außerdem müssten Verwaltungs- und Gerichtsverfahren beschleunigt werden.

Einen „extrem schweren Fehler“ nannte indessen der Grünen-Vorsitzende Fritz Kuhn das Festhalten der CDU an ihrer „Leitkultur“. Morgen wollen die Grünen ihr Konzept für ein Einwanderungsgesetz vorlegen und das bereits bekannt gewordene „Dreisäulenmodell“ erläutern.

Die grünen Essentials seien schon klar, sagte die Mitautorin Claudia Roth der taz. So dürfe es bei der Aufnahme von Flüchtlingen „absolut unter keinen Umständen“ Quoten geben. Bei der erwünschten Zuwanderung von Fachkräften wollen die Grünen „flexible Teilquoten“ einführen.

Damit wird der seit 1973 geltende Anwerbestopp für Ausländer faktisch aufgehoben. Außerdem wollen die Grünen die Aufenthaltszeiträume von Ausländern vereinheitlichen. Nach fünf Jahren, in Härtefällen schon nach drei Jahren, soll es demnach ein dauerhaftes Bleiberecht geben.

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, will sich durch die Vorstöße der anderen Parteien nicht unter Druck setzen lassen. „Wir werden keine eigenen Papiere vorlegen“, sagte Wiefelspütz der taz. Die Grünen hätten zwar ein „legitimes Profilierungsinteresse“, inhaltlich seien die Vorschläge allerdings „nicht der große Durchbruch“. Die Grünen seien ihm „fast schon ein bisschen zu handzahm“ geworden, sagte Wiefelspütz und fragte: „Wo ist der grüne Stachel?“

Alles in allem hält Wiefelspütz die grünen Vorschläge für „durchaus kompatibel“ mit SPD-Positionen. Aber „auch was die CDU vorstellt, ist so schlecht nicht“. Der Zeitpunkt jedoch stört ihn: „Ich will die Arbeit der Einwanderungskommission nicht zerreden.“ SEV, J. K., LKW

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