Übersehene Tränen im Regen

■ Unglückliche Kinderträume, pubertäre Obsessionen – und tanzen will er auch noch: Peter Callesens „Sterbender Schwan“

Was als Ente ein Flop ist, kann allemal noch ein guter Schwan werden. Das lehrt nicht nur ein Märchen von Hans Christian Andersen, das gilt auch mitunter für den Kunstbetrieb. Doch bei der Eröffnungsperformance seiner Hamburger Ausstellung erschien der dänische Künstler Peter Callesen in dunkelbraunem Fell mit Schnabel und übergroßen Platschfüßen, um den sterbenden Schwan zu tanzen. Nun hängt das Kostüm an der Wand und verweist als Relikt auf ähnliche in Fotos, Videos und Objekten dokumentierte Aktionen des 1967 in Aarhus geborenen Künstlers.

Ob er unter Absingen von Kinderliedern einer in einem Korb gefangenen Spinne hilft und sie gleich darauf wieder zurückstößt, ob er auf der Klobrille – brmbrm!– Rennauto spielt, mit der flachen Hand – huii! – ein Flugzeug nachmacht oder sich aus Pappe ein Papierschiff baut und damit in der Ostsee versinkt, immer geht es dem Performer um nicht all zu glückliche Kinderträume und pubertäre Obsessionen. Das alles kommt daher wie eine Revision der Arbeiten des für seine Kunstkindereien berühmten Kaliforniers Paul McCarthy, gebrochen durch den Humor der Peinlichkeiten persiflierenden Videos des dänischen Landsmannes Peter Land. Doch Peter Callesen beherrscht auch konventionellere Kunsttechniken: Die Serie The Lifes of the Dying Swan besteht aus comic-philosophischen Meditationen über das Ei in Zeichnungen und Monotypien. Stets ist das Scheitern ein fester Bestandteil dieser zugleich kindischen und hintersinnigen Kunst. Und wenn mal wieder keine Besucher kommen, geht das Kunstschiff des melancholisch-weisen Performers eben auch in Hamburg unter. Wie steht doch so schön novembrig auf einer der Zeichnungen vom häßlichen Entlein: „Keiner bemerkte, dass ich weinte, denn es regnete.“

Hajo Schiff

Peter Callesen - Der sterbende Schwan, KX. Kampnagel, Jarrestraße 22, Do - Fr 16 - 20 Uhr, Sa + So 14 - 18 Uhr, noch bis 12. No-vember