Windkraftanlage drehte durch

■ Anlage drohte mit 600 Stundenkilometer aus Fundament zu brechen

Barlt – Eine am Montag bei starken Böen „durchgedrehte“ Windkraftanlage in Barlteraltendeich (Kreis Dithmarschen) ist gestern Morgen gestoppt worden. Auslöser war am Montag der Ausfall eines Hydraulikventils, das die automatische Steuerung der Rotorstellungen übernimmt. „Beim Versuch, die Rotoren runterzubremsen, liefen jedoch die Bremsen heiß und versagten“, sagte der 30-jährige Mühlenbauer Kai Thomsen.

Die gesamte Anlage drohte aus dem Fundament zu brechen. Wegen des hohen Risikos sperrte die Polizei die Bundesstraße 5 und weitere Straßen in dem gefährdeten Bereich ab. Da auch die Gebäude keinen Schutz vor eventuell umherfliegenden Teilen boten, mussten in einem Umkreis von 500 Metern 20 Menschen ihre Häuser verlassen und eine Nacht in einem Notquartier verbringen. „Als der Wind nachließ und man den Mut fasste, wieder dichter ranzugehen, haben wir die Anlage abgeschaltet“, sagte Thomsen.

Die rund fünfzehn Jahre alte und privat betriebene Windkraftanlage nahe der Bundesstraße zwischen Marne und Meldorf ist 32 Meter hoch und hat einen Rotordurchmesser von 25 Metern. Normal drehe das Windrad mit bis zu 48 Umdrehungen pro Minute, sagte Thomsen. Das entspreche ungefähr Tempo 280. Am Montag habe sich das Windrad jedoch mit zum Teil mehr als 100 Umdrehungen gedreht. Das bedeutet eine Geschwindigkeit von rund 600 Stundenkilometern an den Spitzen der 12,5 Meter langen Flügel, sagte Thomsen. Die Windkraftanlage hatte nach Auskunft der Polizei in der Vergangenheit ohne Störung Strom erzeugt. Laut Thomsen soll sie zur Reparatur wahrscheinlich demontiert werden.

Umweltschützer in Niedersachsen haben nach der Havarie einer Windkraftanlage bei Sturm im Landkreis Wittmund die vorsorgliche Stilllegung mehrerer Anlagen gefordert. Zur Begründung wies der „Arbeitskreis Natur- und Umweltschutz Harlingerland“ auf das aus seiner Sicht bisher zu wenig beachtete Gefahrenpotenzial bei Unfällen hin. Das gelte vor allem für Windmühlen in der Nähe von Straßen und Gasleitungen.

Der Wittmunder Landrat Henning Schultz sagte dazu: „Ich habe Bauchgrummeln dabei und mache mir schon Sorgen darum.“ Vor irgendwelchen Einschränkungen oder Auflagen müssten jedoch zunächst die Ursachen für die jüngste Havarie geklärt werden. Daten zu entsprechenden Windkraft-Havarien sollten überregional gesammelt und ausgewertet werden. Wenn sich dabei herausstellen sollte, dass es Sicherheits-Probleme gebe, dann sei das nicht mehr allein Angelegenheit eines einzelnen Landkreises. „Dann muss mindestens das Land ran“, meinte Schultz.

Bei der Havarie riss Ende Oktober bei Sturm ein rund zwei Tonnen schwerer Flügel einer Windkraftanlage des Windparks Utgast (Kreis Wittmund) ab. Die Trümmer wurden nach den Feststellungen der Polizei mehr als 100 Meter weit geschleudert. Sie landeten auf freiem Feld. Verletzt wurde niemand. Nach Angaben von Schultz war der Zwischenfall die dritte Havarie einer Windanlage in einem überschaubaren Zeitraum.

Nach Ansicht der Umweltschützer stehen zum Beispiel mindestens drei der rund 50 Windstromgeneratoren von Utgast mit einer Entfernung von 20 Metern zu nahe an einer Landstraße. dpa