Euro für Gore, Dax für Bush

Mit den Nachrichten aus den USA schwankten gestern Euro und Aktienkurse. Unter Gore würden sich USA eher an Euro-Stützung beteiligen als unter Bush

BERLIN taz/AFP/dpa ■ Wer noch nicht wusste, wen „die Märkte“ gern an der Spitze der USA sehen würden, dem wurde dies gestern vor Augen geführt. Zunächst schien alles klar: der Republikaner George W. Bush wird Präsident – die europäischen Börsen eröffneten „überwiegend freundlich“, der Dax stieg, und die US-Futures, also Papiere, die einen Hinweis auf die Eröffnung der amerikanischen Börsen geben, zogen deutlich an. Der Euro fiel auf 85,36 US-Cents – den niedrigsten Stand seit einer Woche. Beim Bundesverband des Deutschen Groß- und Außenhandels und beim Deutschen Industrie- und Handelstag feierte man schon den „Freihändler“ Bush und sah rosige Zeiten für die Exportwirtschaft heraufziehen.

Dann kam die Eilmeldung über die Nachrichtenticker: Ein Sieg des Demokraten Al Gore war plötzlich wieder möglich. Die Reaktion „der Märkte“ ließ nicht lange auf sich warten. Die europäischen Börsen gaben ihre Gewinne wieder ab, der amerikanische Nasdaq-Future drehte ins Minus und der Euro machte seine Verluste gegenüber dem Dollar teils wieder wett.

Von Bush werden deutliche Steuersenkungen und generell eine unternehmerfreundliche Politik erwartet – gut für die Aktienkurse und den Dollar, schlecht für den Euro. Entscheidend für die Euro-Kursentwicklung ist die Wahl auch wegen eines weiteren Unterschieds: Die Haltung der beiden Kandidaten zu Interventionen der Europäischen Zentralbank (EZB) am Devisenmarkt zugunsten des Euro. Unter Gore würde sich die US-Notenbank womöglich an einer Intervention beteiligen. Unter Bush gilt das als ausgeschlossen.

Der unklare Ausgang brachte „die Märkte“ gestern schließlich dazu, auch nach der Wahl das zu tun, was sie schon in den Tagen vor der Wahl gemacht haben: bei schwachen Umsätzen mit Spannung auf den neuen Präsidenten warten. THM