Medienriesen contra Radio Bremen

■ Die Internet-Pläne der RB-Tochter „asap“ sorgen für Ärger: Bei den Münchener Medientagen stand der ARD-Sender am Pranger

Die Pläne Radio Bremens (RB), Internetdienste und andere Leistungen über eine Tochterfirma auf dem freien Markt zu verkaufen, kommen in Bayern gar nicht gut an. Bei den Münchener Medientagen kritisierten Medienunternehmer in dieser Woche das Engagement der öffentlich-rechtlichen Anstalten im Internet und nannten dabei ausdrücklich Radio Bremen. Auch Bayerns Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) schloss sich dieser Kritik an. Während ein Sprecher der Bayerischen Staatskanzlei das Thema gestern auf Anfrage eher herunterspielen wollte, berichten die „Saarbrücker Zeitung“ und die österreichische Zeitung „Der Standard“ übereinstimmend, dass Radio Bremen nach Stoibers Ansicht Grenzen überschreitet. RB-Sprecher Gerald Sammet dazu lakonisch: „Die in München haben offenbar nicht verstanden, worum es geht.“

Wie berichtet, will RB-Intendant Heinz Glässgen mit der Tochterfirma „asap“ eine Produktions- und Verwertungsgesellschaft in unmittelbarer Nähe des Senders aufbauen. Die „asap“ (für „as soon as possible“) soll als formell unabhängige und wirtschaftlich ausdrücklich nicht von Gebühren profitierende Firma Produktionsaufträge für Filme oder Hörbücher akquirieren oder Nachrichten – zu neudeutsch: content – an Unternehmen zum Beispiel für deren Internetauftritte verkaufen. Für Personal- und andere Kosten schreibt der Sender „asap“ dann eine Rechnung. Doch Insider bezweifeln, dass das sauber abzugrenzen ist.

Von den Bremer Plänen haben jetzt die Teilnehmer einer prominent besetzten Podiumsdiskussion bei den Münchener Medientagen Wind bekommen. Der Verleger Herbert Burda und der stellvertretende Vorsitzende der Geschäftsführung von Kirchmedia, Dieter Hahn, kritisierten, dass die gebührenfinanzierten Sender ARD und ZDF nach dem digitalen Fernsehen nun in ein weiteres Medium einsteigen dürfen. Der Internet-Mediendienst „Horizont.Net“ warnt in einer Meldung über die Veranstaltung erschrocken: „Radio Bremen will privaten Start-Ups Konkurrenz machen.“

Auch wenn in den Berichten die Themen Internetangebote der öffentlich-rechtlichen Sender und die Aktivitäten von Tochterfirmen vermischt wurden, steckt jede Menge Konfliktstoff dahinter. Für Private sind das zwei Seiten derselben Medaille. Und bei den Münchener Medientagen stand ausgerechnet der kleinste ARD-Sender als Bösewicht am Pranger.

Erstaunlich moderate Töne waren dazu gestern aus der Münchener Staatskanzlei zu hören. Ein Sprecher des bayerischen Ministerpräsidenten Stoiber betonte, dass Radio Bremen nach geltendem Recht eine Firma wie „asap“ gründen dürfe. Er verwies auf Stoibers Rede, und in der habe der Regierungschef Radio Bremen nicht direkt kritisiert. Nur ganz allgemein sagte Stoiber laut Redetext: „Ich halte nichts davon, vom Internet als einem ,dritten Standbein' des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu sprechen.“ ARD, ZDF und Deutschlandradio sollten ihre Online-Dienste vorwiegend programmbezogen und werbefrei anbieten. Die Notwendigkeit einer öffentlich-rechtlichen Grundversorgung sieht der Bayer im Internet nicht.

Doch wo fangen vorwiegend programmbezogene Inhalte an und wo hören sie auf? Die ARD-Tagesschau bereitet auf den ersten Blick programmbezogen ihre Nachrichten für das Internet auf. Zugleich beschäftigt die ARD aber für diesen Dienst eine Online-Redaktion und macht damit privaten Nachrichten-Anbietern wie dem Spiegel Konkurrenz. Im kleinen Bremer Maßstab gibt es das Problem auch mit dem neuen und erweiterten Online-Angebot des TV-Regionalmagazins „buten un binnen“.

Der Konflikt hat auch mit dem doppelten Charakter des Netzes zu tun. Einerseits ist das Internet ein neues Medium, andererseits ist es ein neuer Vertriebsweg herkömmlicher Inhalte wie Texte, Töne, Bilder oder Filme. „Wir brauchen das Internet als Distributionsweg, sonst sind wir eines Tages weg vom Fenster“, betont RB-Sprecher Gerald Sammet. Doch dabei geht es um mehr als bloßes Radio-hören oder Fernsehen am Computer oder einem neuen Mixed-Media-Gerät, das Internet und TV-Gerät vereint. Neue Techniken haben auch eine neue Aufbereitung der Inhalte zur Folge. Deshalb wird der Protest von München nicht der letzte sein, denn der Konflikt hat gerade erst begonnen. Christoph Köster