„Die Liebe würde alles überstrahlen“

Der CDU/CSU-Rechtspolitiker Norbert Geis lehnt die Homo-Ehe als Ausgeburt von Extremismus streng ab. Aber er kann die verstehen, die sie praktizieren werden

taz: Ihre Fraktion wird morgen erklärtermaßen gegen das Gesetz zu eingetragenen Lebenspartnerschaften stimmen.

Norbert Geis: Weil es ein Parallelinstitut neben der Ehe schafft.

Und was ist daran so schlimm? Der Ehe wird doch nichts weggenommen.

Aber das stimmt doch nicht. Die Ehe hat in unserer Verfassung eine Exklusivstellung. Wenn ich nun in diesen Schutzbereich ein anderes Institut hineinstelle, dann ist die Ehe nicht mehr exklusiv. Und das wollen wir nicht.

Die meisten Homosexuellen sind da anderer Meinung.

Die, die ich kenne, wollen dieses Institut gar nicht. Die wollen in Ruhe gelassen werden. Die Gruppe, die das fordert, ist eine Minderheit. Sie unterscheidet sich in ihrer aggressiven Grundstimmung nicht von Extremisten, weder von rechts noch von links.

Was haben Sie denn gegen die Gleichbehandlung von Lebensverhältnissen, die auf Liebe aufbauen?

Das lässt sich nicht vergleichen mit der Ehe von Mann und Frau. Das ist etwas ganz anderes. Partnerwechsel ist doch ein typisches Merkmal von Homosexuellen.

Man hört in dieser Hinsicht auch viel aus der heterosexuellen Szene.

95 Prozent der Deutschen sind der Meinung, dass Ehe und Familie für sie das Erstrebenswerte sind – und zwar auf Lebenszeit. Dass das nicht immer klappt, weiß ich.

80 Prozent aller Homosexuellen geben seriösen Untersuchungen zufolge an, mit einem Partner oder einer Partnerin zusammenleben zu wollen.

Dieser Zahl traue ich nicht. Ich glaube vielmehr, das normale Gefühl zwischen Menschen ist, dass sich ein Paar findet, nämlich Mann und Frau. Das wird auch durch dieses Gesetz nicht weggehen.

Homosexuelle Paare werden vor dem Gesetz wie einander Fremde behandelt – was sich im Miet-, Erb- und Zeugnisverweigerungsrecht niederschlägt.

Das ist doch alles zu regeln ohne ein solches Gesetz, durch Generalvollmachten, durch einen Notar. Was das Mietrecht und das Zeugnisverweigerungsrecht anbetrifft, wäre aber zu überlegen, wie man dies berücksichtigt.

Eine homosexuelle Partnerschaft könne nicht eheähnlich sein, lautet eine These, weil aus ihr keine Kinder erwachsen. Dann aber dürften sie keine Ehe gutheißen, die von zwei alten Menschen geschlossen wird.

Ein richtiges Argument. Aber in der Beurteilung dessen, was eine Ehe ist, kann man nicht von solchen Extremen ausgehen. In der Tat gibt es zehn Prozent der Ehen, die keine Kinder bekommen. Wegen dieser Zahl kann ich nicht sagen, ich rechne die Ehe nicht mehr zur Familie.

Offenbar ist Ehe doch nicht an Kinder gebunden.

Doch, denn wegen dieser Zahl wird nicht der Zusammenhang von Ehe und Familie aufgelöst, dafür ist mir dieses Institut im Sinne des Artikels 6 Grundgesetz zu wichtig für unsere Zukunft und die Gesellschaft. Das muss ich in Kauf nehmen.

Könnten Sie sich vorstellen, die Einladung von einem Ihnen nahe stehenden Menschen zu dessen Feier der eingetragenen Lebenspartnerschaft anzunehmen?

Nein, schon aus Demonstrationsgründen nicht. Denn ich kann es nicht billigen. Ich würde ihn bitten, das zu verstehen.

Und wenn Sie einen nahen Freund oder ein Enkelkind zu Ihrer Goldenen Hochzeit einladen – und die dann sagen, ja, wir kommen, aber nicht ohne unsere Lebenspartner.

Bis dahin habe ich noch Zeit. Ich würde mit mir ringen; ich würde das natürlich nicht billigen. Aber die Liebe zu dieser Person wäre bei mir so groß und würde alles überstrahlen, dass ich es hinnehmen würde. Ja, die sollen dann willkommen sein. INTERVIEW:
JAN FEDDERSEN