Sie trauen sich. Das Ja kommt

Heute will der Bundestag mit seiner rot-grünen Mehrheit die Homoehe beschließen. Die Koalition hat damit ein wichtiges Reformversprechen eingelöst

von JAN FEDDERSEN

Die Juristen der Koalition haben fein gearbeitet. Der im Sommer von SPD und Grünen vorgelegte Entwurf zu den eingetragenen Lebenspartnerschaften, der die volkstümlich so genannte Homoehe ermöglichen soll, wurde bis zum Freitag voriger Woche in zwei Hälften getrennt. Beide werden heute Vormittag, so sieht es die Tagesordnung vor, mit der Kanzlermehrheit vom Bundestag verabschiedet, der zweite Teil jedoch wird am 1. Dezember, bei dessen nächster Sitzung, vom Bundesrat nicht mit einer Mehrheit versehen werden.

Der erste Teil aber ist unangefochten, kann von den Ländern zwar kritisiert, aber in seiner Rechtswirkung nicht aufgehalten werden. Aller Voraussicht nach Ende Juni kommenden Jahres – passenderweise zu den Christopher-Street-Paraden in den Metropolen der Republik – wird das Gesetz in Kraft treten. Dann wird eine Frau einer Frau und ein Mann einem Mann das Jawort geben können. Dass das neue Rechtsinstitut „eingetragene Lebenspartnerschaft“ genannt wird, spielt in der öffentlichen Resonanz keine Rolle: Schwule und Lesben sind künftig nicht mehr nur Bürger, die rechtlich nur im Zusammenhang von Mord und Totschlag eine Rolle spielen, sondern Menschen, die gesetzlich geschützt eine „Verantwortungsgemeinschaft“ (Volker Beck von den Grünen) eingehen können.

Die Unionsfraktion hat bis zum Schluss versucht, das Gesetz zu verhindern, oder, wenn dies schon nicht gelingt, zu verschleppen. Vorgestern Nachmittag zogen die Vertreter von CDU/CSU aus dem Rechtsausschuss aus, weil ihre rot-grünen KollegInnen weitere Beratungen verweigerten. Die Union hatte sich seit dem Regierungswechsel kompromisslos gezeigt. Homosexuellen, so erklärt seither deren rechtspolitischer Sprecher Norbert Geis (CSU), werden keine Rechte zugebilligt, die denen ähneln, welche der Ehe nach Art. 6 Grundgesetz zustehen.

Dabei ließen sich Geis und seine Fraktionsfreunde gar nicht auf Argumente von Verfassungsjuristen bei deren Anhörung im Rechtsausschuss ein: Dass das gesellschaftliche Verständnis von dem, was Ehe und Familie sind, sich ändern kann. Kurzum: Die meisten Rechtsexperten bestritten, dass das Reformwerk mit jenem Art. 6. kollidiert.

Nach langwierigen Beratungen gab das Justizministerium von Herta Däubler-Gmelin grünes Licht: keine Gefahr, vor dem Verfassungsgericht zu scheitern – zumal dieses 1993 anlässlich der Klage auf das Recht einer „Homoehe“ begründet hatte, dass die Ehe für Homosexuelle nicht in Frage komme, doch nichts einzuwenden sei gegen ein Recht, das homosexuelle Paare schützt. Schließlich gaben vor kurzem auch Kirchenvertreter (aber nicht der Vatikan!) ihr Plazet zur eingetragenen Lebenspartnerschaft – Frau Ministerin, beheimatet im pietistischen Württemberg, war beruhigt.

Dass das Gesetz nun gesplittet wurde, lag bei den Mehrheitsverhältnissen im Bundesrat auf der Hand – Rot-Grün hat dort nicht genug Durchsetzungskraft. Die Teilung in zwei Hälften kam einem Akt juristischer Präzisionsarbeit gleich. Im ersten Teil beispielsweise wird nicht davon gesprochen, dass eine Lebenspartnerschaft vor dem Standesamt geschlossen werden soll, das hätte Länderrecht (Verwaltungshoheit) berührt. Der Rest war leicht. Alles, was Geld kostet, findet sich im zweiten Teil: Steuersplitting (als Ausgleich für die ja dann geltenden Unterhaltspflichten) beispielsweise, auch das Erbschaftssteuerrecht. Ein Adoptionsrecht stand ohnehin zur Diskussion; im ersten Teil freilich ist die „kleine Sorge“ geregelt: Dinge des täglichen Lebens können von beiden LebenspartnerInnen mit den biologischen Kindern des oder der Einen verantwortet werden.

Der Koalition ist insgeheim wohl recht, dass der zweite Teil vom Bundesrat kassiert wird. Der erste Teil allein würde jeder Karlsruher Entscheidung standhalten, was beim zweiten Teil nicht unbedingt sicher ist. Dessen Regelungen sollen auf dem Klagewege geholt werden. Man wartet darauf, dass ein Paar darauf pocht, wenn es schon füreinander Unterhaltspflichten eingeht, dann bitte auch entsprechende Steuervorteile in Anspruch nehmen zu dürfen.

SPD und Grüne gehen davon aus, dass heute eine der größten Erfolge ihrer gemeinsamen Regierungszeit erzielt wird. Die Feier im Bundestag ist auf 12.30 Uhr terminiert.