Gedenktag: Nein zu den rechten Menschenhassern

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde Selma Zwienicki, geborene Stiefel, von einem SA-Mitglied in ihrem Schlafzimmer erschossen, weil sie den Aufenthaltsort ihres Mannes, dem Fahhradhändler Joseph Zwienicki, nicht preisgeben wollte. Die 56jährige Neustädterin war eines der jüdischen Opfer der Reichspogromnacht in Bremen. Gestern trafen sich wohl so viele Menschen wie noch nie am Mahnmal Ecke Dechanatstraße/Am Landherrenamt, um der Opfer zu gedenken – und um ein Zeichen gegen Rassismus und rechten Terror zu setzen.

„Wir dürfen uns nicht an Gewalt gewöhnen“, rief der Vizepräsident des Zentralsrats der Juden in Deutschland, Michel Friedman, den versammelten Bremer Bürgerinnen und Bürgern zu, „wehe uns, wenn wir uns mit den Menschenhassern abfinden!“ Jeder Einzelne können Tag für Tag durch sein Verhalten demonstrieren, dass für Fremden- und Menschenhass kein Platz sei.

Der CDU-Politiker Friedman warnte gleichzeitig die politischen Parteien davor, Schlagworte der Rechten zu übernehmen. Diese müssten begreifen, „dass Worte wie Waffen seien können“. In Anspielung auf die Diskussion um die „deutsche Leitkultur“ sagte Friedman: „Wir müssen uns entscheiden: Nein zu einer dominanten Kultur – Ja zu einer Vielfalt der Kulturen!“ Es sei eine „Bildungs- und Erziehungsoffensive“ notwendig, um „Menschlichkeit, Toleranz und Respekt“ zu verankern.

An der Gedenkfeier nahmen zwischen 300 (Polizeischätzung) und 1.000 Personen (Bürgerschaftspräsident Christian Weber) teil, darunter Mitglieder der jüdischen Gemeinde, der Bürgerschaftsfraktionen sowie zahlreiche Schülerinnen und Schüler und Auszubildende. Viele Menschen hatten Blumen mitgebracht, die sie auf das schwarze Mahnmal legten; die Frak-tionsvertreter der Bürgerschaft legten einen Kranz nieder.

Ein Polizist indes schien seine Probleme mit der feierlichen Stimmung zu haben: Er beschwerte sich, dass er von Teilnehmern kristisiert worden sei. Offenbar hatte sich der Beamte während des Gebets von Rabbiner Benjamin Barslai mit Kollegen laut unterhalten. Für ihn sei die Veranstaltung eben „eine Demonstration wie jede andere“ gewesen, sagte der Polizeibeamte.

hase, Foto: Niko Wolff