Darf es die Kopfjäger-Themenparty sein?

Eine Museumsdorf, ein so genanntes lebendiges Museum: Im malaysischen Sarawak Cultural Village sind Tradition, Musik und Rituale einer Region leicht konsumierbar aufbereitet. Auch Hochzeiten nach landestypischer Zeremonie können in dem preisgekrönten Tourismusprojekt gebucht werden

Die Luft steht vor der Tür des klimatisierten Hotels wie eine feuchte Wand. Bei über 30 Grad und mindestens 80 Prozent Luftfeuchtigkeit dauert es nicht lange, bis T-Shirt und Hose am Körper kleben, als habe man nicht erst vor einer halben Stunde geduscht. Trotzdem steht heute ganz Sarawak auf dem Programm; jawohl, ganz Sarawak, und zwar zu Fuß!

Für den mit 121.000 Quadratkilometer größten Bundesstaat Malaysias, der im Norden der Insel Borneo liegt, reicht ein Tag zwar nicht ganz, aber für Besucher mit wenig Zeit gibt es das Sarawak Cultural Village (SCV). Es liegt auf der Halbinsel Santubong zu Füßen des gleichnamigen Berges und ist mit dem Bus in 45 Minuten von der Hauptstadt Kuching aus zu erreichen. Auf dem etwa neun Hektar großen Gelände rund um einen künstlich angelegten See verteilen sich sieben im traditionellen Stil errichtete Häuser. Da stehen die Langhäuser der Bidayuh, der Iban und der Orang Ulu neben der Hütte der Penan und den auf Stelzen gebauten Häusern der Melanau und der Malaien. Auch ein chinesisches Farmhaus mit angrenzendem Pfeffer- und Gemüsegarten ist dabei.

Um den Überblick auf dem Gelände nicht zu verlieren, bekommt jeder eine Art Pass mit einem kleinen Übersichtsplan, in dem er sich die einzelnen Stops mit Stempeln quittieren lassen kann. Jedes Haus hat seinen eigenen Geschichtenerzähler, überall gibt es traditionelle Musik zu hören, alte Handwerkstechniken oder Rituale zu sehen.

Die Tänze der gastfreundlichen Iban etwa, der größten Bevölkerungsgruppe Sarawaks, erinnern noch an alte Kopfjägerzeiten. Bei den Penan, den letzten Dschungelnomaden Borneos, sind die Blasrohre die Hauptattraktion. Zwei Monate dauert es, bis ein solches Rohr fertig ist, denn die Stämme werden sorgfältig von Hand ausgehöhlt. Es treffsicher zu benutzen erfordert viel Übung. Bei den Orang Ulu steht das – heutzutage oft elektronisch verstärkte – Spiel auf der Sapé, einem viersaitigen, lautenähnlichen Instrument, im Mittelpunkt, während im malaischen Haus die Vorbereitungen zu einer typischen Hochzeitsfeier zu sehen sind. Im chinesischen Farmhaus wird unter anderem gezeigt, wie die als Delikatessen beliebten Schwalbennester von Vogelkot und Federn gereinigt werden. Übrig bleibt dann das – zumindest für den chinesischen Geschmack – essbare Geflecht aus dem Speichel der Vögel.

Alle diese Häuser und Hütten sind in etwa so eingerichtet, wie sie gegen Ende des 19. Jahrhunderts ausgesehen haben könnten. Das Besondere am Sarawak Cultural Village ist, dass es ein „living museum“ ist; das heißt, die Menschen, die hier arbeiten, leben auch hier; allerdings nicht in den nach heutigen Maßstäben wenig komfortablen Präsentationsräumen, sondern in Wohnungen mit allen Annehmlichkeiten des beginnenden 21. Jahrhunderts.

Vor zehn Jahren, am 15. Februar 1990, wurde das SCV eröffnet. Seitdem hat es sich einen festen Platz in der touristischen Infrastruktur Sarawaks erobert und zahlreiche Preise gewonnen, zuletzt 1999 den Tourism Malaysia Award. Im vergangenen Jahr kamen 76.000 Besucher in das Museumsdorf, in dem zum Beispiel auch „Kopfjäger-Themenpartys“ gefeiert werden können. Auf der Suche nach einem außergewöhnlichen Rahmen für eine Hochzeit bietet sich hier statt der nun schon fast alltäglichen Trauungen unter Wasser oder im Heißluftballon eine Zeremonie ganz im Stil und Outfit der Iban, Bidayuh, der Orang Ulu oder der Malaien an.

Wenig authentisch wirkt allerdings die Show mit Tänzen und Musik, die zweimal täglich im SCV-Theater aufgeführt wird. Trotzdem kommen viele Besucher gerne hierher, denn im Gegensatz zu den historischen Gebäuden ist dieser Raum klimatisiert, was besonders europäische Gäste nach mehreren Stunden in der feuchtheißen Waschküchen-Luft sehr zu schätzen wissen.

STEFANIE PFINGSTEN

Informationen: Arawak Cultural Village, geöffnet: täglich von 9 bis 17.15 Uhr. Cultural Show: täglich von 11.30 Uhr bis 12.15 Uhr und von 16.30 bis 17.15 UhrEintritt: Erwachsene: 45 Ringgit (etwa 26 DM); Kinder (6 bis 12 Jahre): 22,50 Ringgit (etwa 13 DM); für Kinder unter sechs Jahren ist der Eintritt frei. www.sarawaktourism.com marriage@sarawakculturalvillage.com