Liebe auf Eis macht schnell

Im Sportforum Hohenschönhausen kämpften die Eisschnellläufer um die deutschen Meisterschaften. Schnelle Zeiten qualifizieren die Läufer für den Weltcup und für das Rennen um die Sponsoren

von MARKUS VÖLKER

In „Dantons Tod“ schrieb Georg Büchner, die Menschen müssten sich schon gegenseitig die Schädeldecken aufbrechen und die Gedanken einander aus den Hirnfasern zerren, um Substanzielles aus den einzelnen subjektiven Welten zu erfahren. Man ist beruhigt, dass derart invasives Vorgehen bei Monique Garbrecht-Enfeldt nicht nötig ist. Die Berlinerin verrät auch so: „Es gibt kein Geheimnis beim Erfolg.“ Eins ist schon bekannt: Die Heirat mit dem schwedischen Läufer Magnus Enfeldt beflügelte sie. „Man kann trainieren wie man will, wenn man unglücklich ist, wird nichts draus.“

Am Samstag lief Garbrecht bei der Deutschen Einzelstrecken-Meisterschaft so schnell wie noch nie über 500 Meter im Sportforum Hohenschönhausen: 38,71 Sekunden, Bahnrekord. Gestern waren über 1.000 Meter nur Anni Friesinger (1:17,47 Minute) und die Erfurterin Sabine Völker (1:19,28) schneller.

Friesinger muss man noch weniger den Schädel anbohren als Garbrecht. Die 22-jährige Inzellerin gewährt freigiebig Einblick in ihre Gedanken. Einen „coolen Lauf“ sei sie da gelaufen. „Schön auf Technik, schön geschoben.“

Garbrecht erwartet nun „eine bunte, frische“ Saison. Einiges ist durcheinandergewirbelt. Gunda Niemann-Stirnemann, 34, wurde über 1.500 Meter nur Dritte. Friesinger, 22, möchte dennoch nicht von „Wachablösung“ sprechen: „Ich will keine großen Reden schwingen. Ich weiß, dass ich fit bin und gut drauf bin. Das ist alles.“

Schnelle Zeiten mussten her, schließlich ging es um die Qualifikation für Weltcups. Und die Sponsoren wollten gute Resultate sehen, was bei einer Sportart wichtig ist, die ihre Scheu vor dem Eintritt in höhere Vermarktungssphären ablegt. Die Spitzenläufer verfügen mittlerweile über Management und Website. Friesinger steht laut Sportdirektor der Deutschen Eischnelllauf-Gemeinschaft (DESG), Günter Schumacher, für die „New Wave“ im Schlittschuhlauf. Und sie fühlt sich von ihrer Agentur bestens vertreten. Die hätte immer flippige, trendige Ideen, sagt die Stabsunteroffizierin der Sportfördergruppe Bischofswiesen. Wobei sie freilich auch weiß: „Eisschnelllauf ist und bleibt eine Randsportart.“

Noch randständiger sind die Männer der DESG. Trotz guter Zeiten auf dem Berliner Eis weist Schumacher ihnen vorerst nur eine altruistische Position zu: Sie seien schon wichtig, sagt er – für die Damen, hinsichtlich „der Komplexität des Trainings und der Trainingsgemeinschaften“.Eine Rolle, mit der sich Christian Breuer keinesfalls abfinden möchte. Er sieht die Saison auch unter dem Gesichtspunkt der Sponsorenaquise. Über 1.500 Meter gewann Breuer, und auch über den Kilometer lag er vorn, holte seinen achten Meistertitel. Danach machte er sich Gedanken übers Marketing. „Erst mal muss man Leistung bringen, bevor sich Sponsoren melden.“ Auf dem Grat zwischen Leistungssport und Vermarktung ist es aber äußerst wackelig. „Noch ist es bei uns nicht immer so, dass das Management um den Sportler herumgebaut ist, sondern umgekehrt.“

Viel diskutiert wurde über Werbeflächen auf dem Laufanzug der Sportler. Beim Weltcup am kommenden Wochenende in Berlin werden von sechs möglichen Aufklebern vier durch die DESG belegt, die einen Vertrag mit einem ostdeutschen Produzenten von Softdrinks abgeschlossen hat. Die meisten Athleten erzürnt das wenig, haben sie doch kaum mehr als zwei Individualsponsoren. Andere wie Oliver Stirnemann, Manager von Gunda Niemann-Stirnemann, oder Magnus Enfeldt sagen, der Verband binde sich zu stark an eine Firma und begebe sich in finanzielle Abhängigkeit. Doch damit müsste man leben. Denn, so Enfeldt: „Das mit den Sponsoren läuft langsam an. Man muss erst den guten Weg finden.“ Bleibt zu hoffen, dass diese Suche nicht ein lächerliches Ringen gegen ein ehernes Gesetz ist, das zu erkennen das Höchste, es zu beherrschen unmöglich ist. Wie Georg Büchner sagt.