Wo bitte geht’s zum Fernsehn?

Mainz möchte endlich auch eine Medienmetropole sein. Doch immer bleibt’s beim ZDF

Einmal im Jahr hat auch der selbst ernannte Medienstandort Mainz seine eigene Tagung zur Befindlichkeit des deutschen Journalismus. Zum Medien-Disput der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung kommen deshalb im besten Falle Medienmacher aus ganz Deutschland.

Politplädoyers

Erstens, um zu streiten, und zweitens, weil sie eben eingeladen wurden und es lecker Häppchen gibt. Für die meisten ist die Anreise gar nicht so beschwerlich, das ZDF-Sendezentrum liegt schließlich nur ein paar Autominuten vom Tagungsort entfernt. Auch Ministerpräsident Kurt Beck hat es vom rheinland-pfälzischen Regierungssitz nicht mehr weit in die Innenstadt, um vor versammelter Journalistenriege wieder einmal feurig gegen „emotionale Gefühlswelten“ im Container zu wettern und für „Einsicht statt Verbote“ zu schmettern.

Beck ist Stammgast beim Medien-Disput, schließlich ist die Tagung ein prima Forum für den Vorsitzenden der Rundfunkkommission der Länder und irgenwo ja auch seine Idee, schließlich mischt sich Beck gern in Diskussionen um die Medienentwicklung ein. Beim ZDF funktioniert das nur selten so richtig, auch wenn Beck dem Verwaltungsrat des Mainzelmannsenders vorsitzt.

Da kommt die Tagung also gerade recht. Selbst wenn es nichts Neues zu vermelden gibt. Von ZDF-Moderatorin Luzia Braun („aspekte“) ordentlich aus dem Konzept gebracht, musste sich der brummige Medienpolitiker dafür so einiges anhören: Kann die für den Fernsehpreis nominierte Container-Show „Big Brother“ trotz ihres Erfolgs ein Verstoß gegen die Menschenwürde sein? Selbstverständlich, gerade deswegen, glaubt Beck.

Und was ist eigentlich dran an der Behauptung des Spiegels, Beck rate ZDF-Intendant Dieter Stolte zum baldigen Rentenantritt? Natürlich nichts, sagt Beck. Von wegen!, meint Spiegel-Redakteur Hans-Jürgen Jakobs.

In seinem Anliegen, die journalistische Praxis zu diskutieren, erinnert der Medien-Disput, nett gemacht, aber kaum bedeutend, bisweilen an die ZDF-eigenen „Mainzer Tage der Fernsehkritik“. Und lässt keine Zweifel aufkommen: Mainz will um jeden Preis Medienstandort sein, will mitreden dürfen. Und das, obwohl Sat.1 schon längst unwiderruflich seine Zelte in Berlin aufgeschlagen hat.

Berlin abgeschlagen

Gut, das ZDF bleibt auf ewig, zum heiß begehrten Medienstandort ist es für die Pfälzer jedoch noch ein großer Schritt: Fernsehen wird längst in München und Köln gemacht. Und selbst die Berliner müssen sich beeilen, um noch ein Stück vom TV-Kuchen abzubekommen. So verwundert auch die Einschätzung von Ex-RTL-Chef Helmut Thoma nicht, der am Rande des Disputs meinte: „Mainz? Da ist das ZDF. Damit hat sich’s aber auch erledigt.“

PEER SCHADER