Weltmachtim Container

Der „Bayernkurier“ kostet immer noch zu viel, doch die CSU verkauft lieber ihre Parteizentrale

„Der Bayernkurier wird sein Gesicht verändern, aber seinen Charakter und sein Profil bewahren“

aus München KONRAD LISCHKA

Bayern ist Supermacht geblieben. Denn der Bayernkurier darf Staatszeitung seines herbeigeschriebenen Weltimperiums bleiben. In seiner Funktion als „Deutsche Wochenzeitung“ hat das Blatt gerade mal 12.000 Abonnenten, als CSU-Organ immerhin 4,5 Millionen Mark jährliche Zuschüsse.

Beziehungsweise: hatte. Diesen wohfeilen Obolus will die CSU nämlich deutlich verringern, bei Vertrieb, Anzeigen und dergleichen wird seit einigen Wochen mit der FAZ-Tochter „Leadermedia“ kooperiert. Doch natürlich gilt die Devise aus der Nymphenburger Straße: „Der Bayernkurier wird sein Gesicht verändern, aber seinen Charakter und sein Profil bewahren.“ So schrieb es der Ministerpräsident des Freistaats und CSU-Vorsitzende Edmund Stoiber in den Aufmacher der ersten relaunchten Ausgabe – und so sah sie dann auch aus.

Deutschlands schönste Parteizeitung wird – ähnlich wie manche Stoiber-Äußerung – wesentlich luftiger: Großzügiger Abstand zwischen den Zeilen, Freiraum um die Überschriften, dezente Linien zur Leseführung. Dazu eine neue Struktur mit einer Themenseite und sogar einem Wirtschaftsteil. Und viel mehr Farbe: Zwischen Himmelblau und Wiesengrün, wie die Almen hierzulande. Auf den Inhalt hat das nicht abgefärbt. Chefredakteur Wilfried Scharnagl, der seit den Zeiten des großen Vorsitzenden Franz Josef Strauß amtiert, schreibt zwar ins Editorial, sein Blatt solle „wörtlich wie im übertragenen Sinne“ farbiger werden. Und wirklich gibt es jetzt plötzlich eine Kolumne für Meinungen aus der Welt jenseits der CSU. Verhaltene zwar nur, wirklich extreme Farbausschläge gehen eher in altbekannte Richtungen und finden sich auch weiterhin im Leserbriefteil, wo einem aufrechten Zeitgenossen der Bayernkurier immer noch nicht deutsch genug ist – oder in den „Fundstücken“, wo ohne Gegenposition an prominenter Stelle ein Großmufti zitiert wird, der den Staat Israel als „Geschwür, das ausgerissen gehört“, bezeichnen darf.

Doch irgendwie überraschen solche Entgleisungen dann doch nicht richtig. Das Leitmotiv gibt ansonsten ein Foto des bayerischen Landtags auf der ersten Seite vor: Denn das Maximilianeum gewinnt laut Bayernkurier „im Zuge mancher hauptstädtischen Übertreibungen in Berlin für das politische Geschehen in Deutschland zusätzlich Bedeutung“. In Deutschland? Warum nicht gar in der Welt?

Natürlich auch in alter Tradition findet auf der neuen Themenseite ein Text Platz, der den Münchener Vorort Martinsried als internationales Epizentrum der Biotechnologie ausmacht. Und der Aufmacher im Wirtschaftsteil widmet sich den indisch-bayerischen Beziehungen, von Gleich zu Gleich gewissermaßen. Den Vogel schießt aber ein Text über Stoibers Besuch in den USA und bei der UNO ab: „Wenn Bayern sich in verschiedenen Bereichen moderner Entwicklungen – wirtschaftlich, wissenschaftlich oder strukturell – in der Spitze der Welt findet, so ist es selbstverständlich, dass der Regierungschef des Freistaates die Kontakte pflegt, die einer solchen Position angemessen sind.“

Schließlich ist Stoiber ja jetzt auch offiziell Herausgeber des Blattes – bisher stand im Impressum immer noch der längst verstorbene FJS.

Also folgt: Bayern muss Weltmacht bleiben und steht offenbar kurz davor, in die UNO einzutreten und den vakanten Platz im internationalen Machtgleichgewicht anstelle der Sowjetunion einzunehmen.

Und: Es kann keinen anderen Bayernkurier geben. Es darf auch nicht. Das hat auch die CSU erkannt. Die Sanierung ihrer Parteizentrale wird sie wohl nicht bezahlen können und denkt nun lieber an einen Verkauf des Gebäudes, als die Bayern-Prawda ganz einzustellen. Lieber eine Weltmacht in Containern als gar keine.