Wattwolken und Vogelpoesie

■ Lili Fischer und Georg Jappe im Altonaer Museum

Mit zerriebenem Wattstaub zeichnet Lili Fischer stimmungsvolle Wolkenbilder. In alte Poesiealben und Gästetagebücher notiert Georg Jappe wissenschaftliche Kommentare über die Vogelwelt der Nordsee: Zwischen nüchterner Naturdokumentation und poetischer Kunstaufassung bewegen sich die Werke der beiden Gegenwartskünstler, die seit 1977 gemeinsam an einer norddeutschen Landschaftskunst arbeiten. Die Nordsee, das Watt und die Halligen liefern ihnen die Motive dazu.

Lili Fischer, Professorin an der Kunstakademie Münster, geht von der Zeichenkunst aus und verleiht ihren Blättern durch eingefügte Naturmaterialien Authentizität. Georg Jappe, Professor für Ästhetik an der Hamburger Kunsthochschule, ist dagegen auf dem Gebiet der Poesie heimisch und überführt seine gelehrten Ausführungen durch die Auswahl der Bildträger und die Zeichenhaftigkeit seiner Schrift in das Feld der Kunst. Unter dem Titel „Dämmertide“ ist nun eine kleine Auswahl ihrer Werke im Altonaer Museum zu Gast.

An aufgeschlagene Folianten sollen die beiden großformatigen, rahmenlosen Bilderhalter erinnern, in denen die Künstler ihre Blätter vorführen. Wie in einem Buch vereinen sich die unterschiedlich großen Zeichnungen zu einem genau überlegten Layout. Zwischen transparenten Papierschichten hat Lili Fischer gepresste Pflanzen eingefügt, die sie auf einigen ihrer Exkursionen an die Nordsee gesammelt hat. Uraltes chinesisches Papier bildet den Untergrund für eine Textzeichnung Jappes. Auf der gegenüberliegenden Wand befinden sich zwei überdimensionale Fotografien von Lili Fischer. Das Sandwatt mit der Rückenfigur Jappes erinnert ein wenig an die romantischen Gemälde Caspar David Friedrichs. Das Schlickwatt dagegen bleibt menschenleer, zu gefährlich wäre es, sich hierher zu verirren.

In einer Vitrine sind die Textarbeiten von Georg Jappe ausgestellt. Einmal bildet ein Lehrbuch für Stenografie den Untergrund für seine wissenschaftlichen Beobachtungen, ein andermal ist es ein Ferngesprächkontrollbuch. Um Vögel zu verstehen, muss man ihre Sprache lernen, und um sie in luftigen Höhen zu erreichen, bedarf es ganz besonderer Mittel: Ornithopoesie ist es eben, die Georg Jappe den Betrachtern hier vorführt.

Kerstin Wiese

 bis 21.02.01, Di - So 10 - 18 Uhr, Altonaer Museum