Positiv denken

EU-Rechnungshof bewertet Finanzreform der Kommission als nur ausreichend. Diese ist zufrieden

BRÜSSEL taz ■ „Sie sollten sich schämen“, schimpfte der grüne Europaabgeordnete Bart Staes gestern Morgen im Straßburger Parlament. Der Angriff richtete sich an die Adresse der Mitgliedsstaaten. Sie nämlich sind es, die für 80 Prozent der Schlampereien verantwortlich zeichnen, die der neue EU-Rechnungshofbericht auflistet. Die Bank im Plenum, wo die Ratsvertreter normalerweise Platz nehmen, blieb allerdings leer, während Rechnungshof-Präsident Jan Karlsson die Ergebnisse seines Hauses vorstellte. Nur die in der Kommission für Finanzen und Betrugsbekämpfung zuständige Kommissarin Michaele Schreyer stellte sich der Kritik.

Nach dem Motto „think positive“ bezeichnete sie die Arbeit des Rechnungshofs als „Wind in den Segeln der Kommissionsreform“. Dabei bewertet der Bericht für das vergangene Haushaltsjahr die Reformanstrengungen nur mit einem „Ausreichend minus“. Allzu vieles stehe nur auf dem Papier, die neue Managementkultur bei der Mittelverwaltung sei in den Köpfen der Brüsseler Kommissionsmitarbeiter noch nicht verankert.

Tatsächlich hat die Strukturreform im Apparat bisher hauptsächlich zu Verunsicherung und Chaos geführt. Viele Mitarbeiter wissen bis heute nicht, welche Aufgaben für sie vorgesehen sind. Die Grundidee der Reform, den Haushalt projektbezogen zu verwalten, wird aber vom Rechnungshof positiv bewertet.

Wie weit hier die Theorie noch von der Praxis entfernt ist, zeigt sich bei den so genannten Außenhilfen, die fast zehn Prozent des Haushalts ausmachen. Die Programme, die zur Reform der Verwaltung in Ungarn, Tschechien, Rumänien und Slowenien beitragen sollten, beurteilt der Hof vernichtend: Mangelndes Engagement bei den Empfängern, hohe Personalfluktuation und schwerfällige Verwaltungsabläufe hätten dazu geführt, dass die Programme meist verspätet gestartet wurden.

Der Hof bemängelt auch, dass die im Vorbericht für 1998 kritisierten Fälle von der Kommission nicht konsequent bereinigt wurden. So seien im für Misswirtschaft besonders anfälligen Bereich der Regionalbeihilfen von 52 Problemen nur 14 zufriedenstellend berichtigt worden.

Während Karlsson sich an die Spielregeln hielt und zunächst das Parlament unterrichtete, spekulierte das deutsche Mitglied des Rechnungshofs, Bernhard Friedmann, öffentlich über einen Verlust von vier Milliarden Euro für den Gemeinschaftshaushalt. Diese wenig koordinierte Informationspolitik dürfte Karlsson zu denken geben: Es ist eben nicht einfach, die Managementkultur einer Behörde zu ändern. DANIELA WEINGÄRTNER