Bundeswehr droht Niederlage

Heute verhandelt das Bundesverwaltungsgericht über das Wittstocker „Bombodrom“. Die Erfolgsaussichten der Bürgerbewegung „Freie Heide“ stehen dabei sehr gut

FREIBURG taz ■ Der Bundeswehr droht eine bittere Niederlage. Heute muss sie vor dem Bundesverwaltungsgericht in Berlin erneut ihren Plan verteidigen, bei Wittstock einen gigantischen Bombenabwurfplatz einzurichten. Bisher hat die Hardthöhe in zwei Instanzen verloren.

Das umstrittene Gebiet in Nordbrandenburg war bereits 1950 von der sowjetischen Armee in Beschlag genommen worden. Nach dem Abzug der Russen 1993 wollte die Bundeswehr das Gelände weiter nutzen. Sie verfügt derzeit nur über zwei „Luft-Boden-Schießplätze“ – in Nordhorn (Niedersachsen) und Siegenburg (Bayern), die beide aber wesentlich kleiner sind.

Um die Bevölkerung des strukturschwachen Gebiets rund um das so genannte Bombodrom zu ködern, versprach die Armee die Einrichtung einer Garnison in Wittstock mit rund 1.000 Soldaten. Doch nur der dortige Gemeinderat spricht sich für das Projekt aus. Dagegen ging knapp ein Dutzend Anliegergemeinden gemeinsam mit der Bürgerinitiative „Freie Heide“ vor Gericht. Aus DDR-Zeiten wissen sie, was so ein Bombenabwurfplatz bedeutet: Tausende tief fliegende Militärmaschinen, massive Lärmbelästigung.

An eine touristische Entwicklung der Gegend ist da nicht mehr zu denken. Das rund 140 Quadratkilometer große Bombodrom würde der Region, in der 50.000 Menschen leben, seinen Stempel aufdrücken. Deshalb wenden die Gemeinden auch einen Großteil ihres Haushaltsbudgets für den Kampf gegen die Armeepläne auf.

Bisher mit gutem Erfolg. In der zweiten Instanz urteilte im Frühjahr 1999 das Oberverwaltungsgericht Frankfurt (Oder), das Bundeswehr-Vorhaben verletze die Planungshoheit der betroffenen Gemeinden. Zum einen fehle derzeit eine gesetzliche Grundlage für die Weiternutzung von sowjetischem Militärgelände. Zum anderen bestehe kein Gesetz, auf dessen Grundlage ein neues Planungsverfahren eingeleitet werden könnte. Das Landbeschaffungsgesetz passe nicht, weil die Bundeswehr ja bereits über das Gelände verfüge.

An dieser Konstellation hat sich seither auch nichts geändert. Anwalt Reiner Geulen, der den Musterprozess für die beiden Gemeinden Rossow und Schweinrich führt, ist deshalb zuversichtlich, auch vor dem Bundesverwaltungsgericht zu gewinnen. Von Seiten des Verteidigungsministeriums wurde nicht einmal versucht, die fehlenden Gesetze auf den Weg zu bringen. Man weiß, dass der Fall Wittstock für Rot-Grün ein heißes Eisen darstellt. Die Grünen sind eindeutig gegen den Bombenabwurfplatz. Teile der SPD auch. Im Wahlkampf 1994 hatte sogar der damalige Spitzenkandidat Rudolf Scharping erklärt: „Im Falle meines Wahlsieges wird es keinen Bombenabwurfplatz Wittstock mehr geben“.CHRISTIAN RATH