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: Ein Kavalier alter Schule

Jo Heesters spielt für Sky DuMont

Ein Kavalier alter Schule, denke ich, hält einem nicht nur selbstverständlich alle Türen auf. Sondern schleudert mit charmanten Äußerungen nur so um sich. Kaum sitzt man im Café, schaut er einem in die Augen und sagt: „Mit Ihnen“ (er siezt selbstverständlich bis zum ersten Kuss), „mit Ihnen vergeht die Zeit wie im Fluge.“ Oder: „Diese Carbonzola-Sauce hat die Farbe Ihrer Augen.“ Oder „Mit schönen Frauen schmeckt es gleich nochmal so gut.“

Junge Kavaliere neuer Schule dagegen, wobei ich hier kurz betonen möchte, dass ich keinesfalls ausgewiesener Fan der alten Schule bin, junge Kavaliere holen beizeiten (wenn sie einen mit nach Hause genommen haben) ihre Gitarre heraus und spielen einem etwas vor. Furchtbar. Eine Zumutung. Ich hole ja auch nicht plötzlich meinen Kamm hervor, frage nach einem Stück Pergamentpapier und blase irgendeine unausgegorene Songidee. Dieser Mythos, dass Frauen mit halb fertigen Liedern mit Gitarrenbegleitung oder, noch schlimmer, Gesang ins Bett zu kriegen sind, hält sich länger als die urbane Legende mit der Spinne aus der Yucca-Palme. Ich bin jedenfalls schon zweimal geflüchtet (bereits aus dem Schlafzimmer, wohlgemerkt!). Einmal lag’s aber auch an der Exfreundin, die plötzlich (wie von Zauberhand hereingekommen) neben ihrem stümperhaft Gitarre spielenden Freund stand und mich gequält anguckte. „Jetzt weiß ich wieder, warum“, schien sie sagen zu wollen. Aber so lange wartete ich nicht ab.

Meiner Freundin wollte neulich jemand auf dem Klavier etwas vorklimpern. Dem hat sie aber die Leviten gelesen! Dann schon lieber eine schnafte Playback-Show mit Luftpiano.

Ein echter Gitarrist aus meinem Bekanntenkreis bekam übrigens neulich den Auftrag, bei einem „John BonJovi“-Auftritt im Fernsehen sozusagen das Gitarristen-Double zu machen, für zwohundert Äppel, immerhin im ZDF. Er war ganz begeistert und überlegte sich schon, ob ihm mit seiner schlanken Figur diese hüftlangen Lederjacken stehen, deren Gürtel einem immer die Bierflasche umhauen, wenn sich so ein altmodischer Rocker neben einen quetscht. Er hatte sich sogar schon einen schicken Künstlernamen überlegt: Ritchie Sambuca.

Aber dann kam alles anders. Das ZDF war zwar echt, und die Show wurde auch wirklich von Thommy Orner, dem Mann ohne Lachen (daran werden sich nur ein paar Mädels in einem ganz bestimmten Alter erinnern, aber das nehme ich in Kauf), moderiert. John BonJovi war nämlich nicht echt. Er war ein Double! Mein Freund durfte also einen Playback-Gitarristen à la Ritchie Sambora für einen Auftritt eines John-BonJovi-Doubles mimen. Da weiß man manchmal gar nicht, ob man lachen oder kichern soll, wenn man so etwas hört.

Als er mir das erzählte, habe ich, ganz Kavalierin alter Schule, natürlich genossen und geschwiegen. Habe mit einem Lächeln in den Mundwinkeln und einer Träne im Knopfloch gesummt: „Graue Schläfen schützen nicht vor hübschen Beinen ...“ Habe meine dunklen Augen schelmisch blitzen lassen und meine buschigen Augenbrauen gönnerhaft zusammengezogen. Und später charmant zu meinem Freund gesagt: Mit deinem Gitarrenspiel kannst du Steine erweichen. Auch wenn du nur Playback spielst. JENNI ZYLKA