Surfen ohne Gebührenzähler

Das ganze Internet rund um die Uhr – eventuell für weniger als 50 Mark im Monat: Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation ordnet Pauschalverträge für Internetprovider an. Deutsche Telekom überlegt, zu klagen

von NIKLAUS HABLÜTZEL

Die größte Hürde, die bisher die Entwicklung des Internets in Deutschland behindert hat, ist gefallen. Am Mittwoch entschied in Bonn die Regulierungsbehörde Telekommunikation und Post (www.regtp.de), dass die Telekom ab 1. Februar 2001 jedem Internetprovider wettbewerbsfähige Preise für eine zeitlich unbegrenzte Nutzung ihrer Leitungen anbieten muss.

Eine solche wirtschaftlich tragbare „Flatrate“ war nicht nur von AOL, dem Hauptkonkurrenten der Telekom-Tochter T-Online, seit langem verlangt worden. Die Nutzerinitiative „Internet ohne Taktung“ (www.ungetaktet.de) hatte vergangene Woche 40.000 Unterschriften für diese Forderung bei der RegTP abgegeben, die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände unterstützte die Aktion, und eine Umfrage im Auftrag des „Verbandes der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten“ ergab, dass 42 Prozent der befragten Manager aus Wirtschaft und Politik der Meinung waren, die Telekom behindere mit ihren Monopolpreisen für die Hausanschlüsse einen auch für breite Bevölkerungsschichten erschwinglichen Zugang zum Internet (www.vatm.de).

Bislang hatte die Telekom anderen Internetprovidern 1,5 Pfennig pro Minute für die Durchleitung von Daten auf ihren Leitungen berechnet. Trotz dieses Preises, der kaum unter den diversen Sonderangeboten für private Einzelkunden der Telekom liegt, hatten mehrere kleinere Unternehmen in den lezten Monaten versucht, mit Pauschalverträgen für einen zeitlich unbegrenzten Internetzugang auf den Markt zu gehen. Fast alle mussten dieses Angebot zurückziehen: Die Onlinezeiten der Pauschalkunden stiegen derart sprunghaft an, dass die damit ebenfalls sprunghaft ansteigenden Kosten der Telekomleitungen die Bilanz der Anbieter ins Minus trieben.

Wie hoch die Gebühr für die nunmehr angeordneten Pauschalverträge sein wird, hat die Regulierungsbehörde nicht entschieden. Die Großhandels-Flatrate muss noch mit den Providern ausgehandelt werden. Ein Sprecher von AOL sagte gestern, dass erst eine „Flatrate von unter 50 Mark“ das Internet zu einem mit Radio und Fernsehen vergleichbaren alltäglichen Massenmedium machen könne. Die Telekom-Tochter T-Online hatte bisher ihren eigenen Kunden einen Pauschalzugang für 79 Mark im Monat angeboten, AOL hatte mit einem vergleichbaren Angebot nachgezogen – allerdings ohne nachhaltigen Erfolg. Preise in dieser Höhe, meint der AOL-Sprecher, seien der Massenkundschaft nun mal nicht zumutbar.

Ein Sprecher der Telekom kündigte gestern an, sein Unternehmen behalte sich „rechtliche Schritte vor“, weil die Regulierungsbehörde das „unternehmerische Risiko“ einseitig auf die Telekom abgewälzt habe. Gewisse Zweifel, ob irgendein Richter diesen Standpunkt teilen könnte, scheinen offenbar auch in der Chefetage des Unternehmens aufgekommen zu sein, das in Deutschland immer noch 98 Prozent der privaten Telefonanschlusse kontrolliert.