„Weltrekord an Pfuscherei“

Scharfe Kritik der Opposition an Gesetzentwurf der Koalition zu Rentenreform

BERLIN rtr/ddp ■ Noch vor wenigen Wochen drängte Friedrich Merz (CDU) die Regierung, endlich das Gesetz zur Rentenreform in den Bundestag einzubringen. Gestern war die erste Lesung im Bundestag, und nun ging der Opposition plötzlich alles viel zu schnell. Unionsparteien und FDP warfen der Bundesregierung gestern vor, die Rentenreform durchpeitschen zu wollen.

Irmgard Schwaetzer (FDP) kritisierte, die schon für den 27. Januar angesetzte Schlussberatung mache eine sachliche Auseinandersetzung unmöglich. Der CSU-Rentenexperte Horst Seehofer sagte, wenn die Regierung mit dem Kopf durch die Wand wolle, werde die Union das Gesetz vom ersten Tag an bekämpfen. Seehofer nannte den Entwurf einen „Weltrekord an Pfuscherei“. Der Unionspolitiker kritisierte, dass die Reform besonders die junge Generation stark belaste. Zuvor hatte Bundesarbeitsminister Walter Riester (SPD) die Rentenreform verteidigt und von „einem fairen Ausgleich zwischen den Generationen“ gesprochen.

Riesters Gesetzentwurf sieht vor, die gesetzliche Rente durch eine zusätzliche private Altersvorsorge zu ergänzen. Dies soll verhindern, dass die Rentenbeiträge über 22 Prozent steigen. Das Rentenniveau soll bis zum Jahr 2030 schrittweise von heute 69 Prozent auf 64 Prozent sinken. Die zusätzliche private Altersvorsorge will die Koalition ab 2002 staatlich fördern.

Für die FDP ist die vorgesehene Förderung der Privatvorsorge unzureichend. Sozialexpertin Schwaetzer nannte es einen „Treppenwitz“, dass selbst genutzte Immobilien nicht gefördert würden. Auch PDS-Fraktionschef Roland Claus forderte Nachbesserungen. Für seine Partei komme eine private Altersvorsorge nicht in Frage. Damit werde die paritätische Finanzierung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern aufgegeben.

Mit den Stimmen von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen billigte der Bundestag die Neuregelungen zur Invalidenrente. Bei Berufs- und Erwerbsunfähigkeit soll die Rente erst sieben Monate nach Eintritt des Versicherungsfalls gezahlt werden. Bis dahin müssen die Krankenkassen Krankengeld bezahlen. Durch diesen Kompromiss, auf den sich die Koalitionspartner Anfang der Woche geeinigt hatten, sollen die Kassen mit höchstens 250 Millionen Mark belastet werden.

Neben Rentenfragen befasste sich der Bundestag gestern auch mit dem FDP-Entwurf eines Zuwanderungsgesetzes. Sie will die Zuwanderung durch eine zahlenmäßige Begrenzung steuern. Die CSU kündigte an, bis Mitte März einen eigenen Gesetzentwurf zur Zuwanderung vorzulegen. RAG