Moderne Orchideen, millionenfach

■ Gärtner mögen keine zimperlichen Gewächse / Biotechnische Massenproduktion

Das Schaf Dolly ist schuld: „Klonen ist sooo negativ behaftet“, klagt Renate Plate. Sie ist Gärtnerin. Aber mit altertümlicher Pflanzenzüchtung nach dem Prinzip „grüner Daumen“ hat ihr Familienunternehmen in Borgfeld längst nichts mehr zu tun.

Das „moderne Vermehrungswerkzeug“ heißt beim Wolfgang Bock Gartenbaubetrieb ausgerechnet „Klonen“. Doch trotz der vorbelasteten Vokabel wurde das millionenfache Orchideen-Klonen kürzlich mit dem zweiten Preis der Bremer Handelskammer bedacht.

Dabei hatten selbst die Juroren ersteinmal Schwierigkeiten mit dem Begriff, erinnert sich Plate. Wie die meisten, die sofort an Dolly, Gentechnik und Gefahr für Leib und Leben denken. „Aber was wir machen, ist nichts Negatives. Das ist das gleiche, wie bei den Stecklingen.“

Nur, dass man Orchideen bislang eben nicht per Steckling vermehrte, sondern mit Samen. Dabei lief man allerdings Gefahr, so genannte „Charakterschwächen“ mit ins Erbmaterial zu schleusen. Was Plates erfunden haben, ist das Verfahren, Stecklinge auf die Sämlingspflanze Orchidee biotechnisch zu übertragen. Damit wird die Vermehrung nicht mehr willkürlich irgendwelchen Samen überlassen, sondern das Erbmaterial einer „Elitepflanze“ an Millionen von Orchideen-Nachkommen mittels Stecklingsprinzip im Labor an den Nachwuchs weitergegeben. Das Ergebnis: robuste, pflegeleichte Pflanzen, die schöner blühen. Keine zimperlichen Gewächse. Gentechnik, beruhigen Experten, sei das noch nicht. Keine Sicherheitsstufen, keine Gefahren. Nur Bio-Hightech.

Seit knapp zehn Jahren sind die Plates inzwischen im Geschäft. Der Orchideen-Käufer weiß über die genetische Herkunft seiner Pflanze in aller Regel nichts. „Das muss man ja auch nicht betonen“. Plate liefert ohnehin an Garten-Center, die tausende gleicher Klon-Orchideen großpäppeln und weiter vermarkten.

Die Gärtnereien aber sind nachgerade begeistert von den perfekten Doubles: Die kleinen Pflänzchen sind temperatur-unempfindlich und wachsen in Rekordzeit. Mittels Biotech lassen sich die sonst so sensiblen Pflanzen gärtnerisch richtig managen: Die Wachstumszyklen eines Bestandes verlaufen komplett einheitlich – die gesamte Kultur soll damit programmierbar bleiben.

Und der Verbraucher? Der ahnt von all der Industrie hinter der Pflanze nichts. Nur: Er muss weniger zahlen – und hat länger was von der Orchidee. pipe