berliner szenen
: SPD-Kulturwerkstatt

Monolog Ost

„Ostdeutsche Theater im Umbruch“ war das Thema der ersten, hochkarätig besetzten „Kulturwerkstatt Ost“ der SPD im Willy-Brandt-Haus – wobei man schon im Fahrstuhl die Leute über „Ostdeutsche Theater im Abbruch“ lästern hörte.

Im Publikum saßen prominente und weniger prominente Vertreter der Theaterszene Ost, freie und staatliche. Zwei Stunden wurde geredet, dann bedankte sich Manfred Stolpe für diese Weiterbildung. Ihm sei klar geworden: Theater ist nicht bloß teuer, es bringt auch was.

Dabei hatte Wolfgang Thierse den Finger doch auf die Wunde gelegt: dass der Adressat des Theaters nicht die Politik, sondern das Publikum sei. Und wo ein Publikum Theater nachfragt, da gibt es auch welches. Das verkörperten erfolgreiche Theatermacher wie Roman Rösener vom Theaterhaus Jena, einer Nachwende-Theatergründung, und Ralf-Günter Krolkiewicz vom Hans-Otto-Theater Potsdam, dass eine ganze Region bespielt, mit ihrer Präsenz.

Doch von der Krise des Theaters als Legitimationskrise einer Kunstform wollte keiner reden. Es ging um Besitzstandswahrung und das Festschreiben von Ost-und-West- Klischees. Da half es nicht, dass aus dem Publikum der Hinweis kam, das erste geschlossene Theater sei schließlich im Westteil das Schiller-Theater gewesen. Wenig richtete auch der Bericht von Hans-Joachim Frank über den sagenhaften Erfolg der Theater-89-Spielstätte in Niedergörsdorf bei Jüterbog aus. Die meiste Zustimmung erntete ein Zuschauer, der sich als mit Berufsverbot belegter Kulturschaffender aus dem Osten gefiel und zum Besten gab, die Schauspieler des Deutschen Theaters könnten ihr Westpublikum heute am Geruch erkennen, am Parfumgeruch.

Auf diesem Niveau ging es weiter. Der Chef der Bühnengenossenschaft peppte seine Rede gegen den Stellenabbau am Theater mit Spitzen gegen Globalisierung und New Economy auf: Der Theatermensch von heute verkörpere schon die kapitalistische Schreckensvision des bindungslosen Arbeitnehmer-Unternehmers von morgen. Da lachte niemand. Offensichtlich ist der unkündbare Kunstbeamte eine echte Utopie.

Kein Wort darüber, dass die Bühnengewerkschaft und die Reformunfähigkeit ihres Tarifsystems ein wesentlicher Faktor bei der Ausblutung der Theater ist. Nur Hans-Joachim Frank sprach blumig vom „ideellen Ensemble“, was wohl heißen sollte, das Schauspieler bloß bezahlt werden, wenn sie auch spielen. Anders kann er sein Theater gar nicht finanzieren.

Roman Rösener vom Theaterhaus Jena machte den Vorschlag, in Zukunft sollten freie und staatliche Theater sich gemeinsam, nicht gegeneinander um die Mittel bewerben. Aber das wurde dann auch nicht weiter diskutiert – wahrscheinlich war der Ansatz zu produktiv. Im Gegenteil: Eine freie Tänzerin forderte von der Politik Auskunft darüber, woher denn das Geld für die tarifmäßigen Gehaltserhöhungen in den staatlichen Theatern käme, wo man den Freien doch immer sagen würde, es sei überhaupt kein Geld da. So kochte dann jeder sein Süppchen. ESTHER SLEVOGT