Spanien auf der schwarzen Liste

MADRID taz ■ Das Dossier über die Pressefreiheit, das Reporter ohne Grenzen (RsF) auch dieses Jahr wieder anlässlich des Gipfels der Hispanoamerikanischen Länder vorgelegt hat, weißt eine Neuheit auf: Spanien steht erstmals mit auf der Liste der Länder, in denen die Pressefreiheit durch terroristische Gewalt schwer gefährdet ist.

Das ehemalige Mutterland teilt sich diesen zweifelhaften Titel mit seiner Exkolonie Kolumbien, wo erst Mitte der Woche der Radioreporter Gustavo Ruiz Castillo von rechten Schwadronen ermordet worden war. Auch in Kuba, Guatemala, Chile, Mexiko, Panama und Paraguay sind die Journalisten nach Angaben von RsF von „polizeilicher Repression und willkürlichen Gesetzen“ bedroht. Nur in Peru macht Reporter ohne Grenzen nach dem Sturz des ehemaligen Geheimdienstchefes Vladimiro Montesino „einen Schritt hin zur Wende“ aus.

Sechs Journalisten wurden seit dem letzten Hispanoamerikanischen Gipfel ermordet – vier in Kolumbien und jeweils einer in Guatemala und Spanien.

„In Spanien hat sich die Lage der Pressefreiheit durch die Baskenfrage erheblich verschlechtert“, heißt es in dem Bericht. Im Mai ermordete ETA den Kolumnisten der Tageszeitung El Mundo José Luis Lopez de Lacalle. Auf mehrere Redaktionsgebäude wurden Anschläge verübt. ETA bezeichnete die Journalisten in einem Kommuniqué als „feindliche Hunde“, die „den Aufbau des Baskenlandes behindern“. Das Umfeld der bewaffneten Separatistengruppe habe vor diesen Anschlägen immer wieder schwarze Listen und Drohungen gegen Journalisten veröffentlicht – zuletzt mittels eines Videos der Zeitschrift Ardi Beltza, in dem 40 Journalisten an den Pranger gestellt werden.

Auch in Kolumbien rücken die Journalisten immer öfter ins Fadenkreuz von bewaffneten Gruppen wie AUC und FARC. „Für sie sind die Journalisten keine neutralen Beobachter. Sie verdächtigen sie, für die ‚andere Seite‘ zu arbeiten“, heißt es im Bericht von Reporter ohne Grenzen. Acht kolumbianische Journalisten zogen den Weg ins Ausland einem Leben unter ständiger Bedrohung vor – eine Exilwelle, wie sie nur von Kuba übertroffen wird. 19 Journalisten verließen die Insel. Wären sie geblieben, hätten ihnen Haftstrafen gedroht. Drei Journalisten sitzen in Kuba dafür ein, dass sie ihren Beruf nicht „in Einklang mit den sozialistischen Zielen“ ausgeübt haben. REINER WANDLER