die stimme der kritik
: Betr.: Döner, Eisbein und die Queen

Multikulti in Zeiten des Rinderwahns

Antworten haben sie zwar nur selten, aber eines muss man den Kollegen von der Boulevardpresse lassen: Sie stellen meist die richtigen Fragen. „Berliner Döner BSE-verseucht?“, will jetzt das Springer-Blatt B.Z. wissen – und wirft damit ein Problem auf, das in der Debatte um den Rinderwahn sträflich vernachlässigt wird: Der Erreger ist geeignet, das friedliche Zusammenleben der Kulturen empfindlich zu stören, auch wenn die Bürokraten in Berlin und Brüssel diese Gefahr, natürlich, wieder einmal unterschätzen. Ganz anders die Grünen: Während sich der „migrationspolitische Sprecher“ im Berliner Stadtparlament mit der Forderung nach Schnelltests begnügt, erklärt Parteichefin Renate Künast mitten in der BSE-Debatte die „multikulturelle Gesellschaft“ für gescheitert.

Als vor drei Jahren die Schweinepest grassierte, hatten sich Deutschlands Muslime noch eins gefeixt. Schließlich war der Prophet schon vor fast anderthalb Jahrtausenden über die unreine Natur des Borstenviehs im Bilde. Die Insignien der deutschen Leitkultur schienen in Gefahr – von der Haxe bis zum Eisbein, vom Schnitzel bis zum Kotelett. Da half es wenig, dass CDU-Minister Jochen Borchert versicherte, die Krankheit sei „für den Menschen völlig ungefährlich“.

Heute ist es mit der Selbstgerechtigkeit der Schweineverächter vorbei. Im vorgefertigten Döner aus der Fabrik, der an den hauptstädtischen Imbissbuden dominiert, ist echtes Kalbfleisch zwar nur in Spuren enthalten – doch diese Spuren reichen völlig aus, das Vertrauen ins Berliner Nationalgericht zu ruinieren. Außerdem, so meldet die B.Z., spießen die Döner-Produzenten auch Fleisch von britischen Schafen auf – just von jenen Tieren also, bei denen das BSE-Desaster seinen Anfang nahm.

Verschont bleibt nicht einmal die Küche, die als erste den Keim der Zersetzung ins monokulturelle Deutschland trieb – die italienische. Besonders hart trifft es die Mailänder. Sie müssen auf ihr Traditionsmenü gleich komplett verzichten: Auf dem Index steht nicht nur das „Risotto alla milanese“ mit ausgekochtem Knochenmark, sondern auch die traditionelle Kalbshaxe, der „Ossobuco“.

Als die Queen vor wenigen Wochen die lombardische Metropole aufsuchte, hatte sie andere Sorgen: Sowohl Knoblauch als auch Schalentiere wurden auf ihren Wunsch vom Speisezettel gestrichen. Keine Bedenken hatte sie allerdings gegen eine aus ihrer Sicht weniger multikulturelle Zutat: gegen „British Beef“. RALPH BOLLMANN