„Nachts bin ich ein Pferd“

■ Der Spanisch-Lehrer Reiner Kornberger fühlt sich rehabitiert, weil die Universität ihm nie „sexuelle Diskriminierung“ vorgeworfen hatte / Erotische Argentinier im Ambiente

„Das Erotische ist eine (literarische) Form der Karnevalisierung der Liebe. Das Erotische erlaubt und garantiert uns Ironie und Spiel, Karikatur und Perversion, die sanfte Bewegung und den Einbruch der Gewalt, den Spott und das Lachen und das Weinen“, so erklärt der argentinische Autor Mempo Giardinelli die Liebe der Argentinier zur erotischen Literatur. Die seit 1992 in Argentinien mit Erfolg verbreitete Anthologie „La Venus de papel“ ist nun in deutscher Übersetzung erschienen unter dem Titel „Nachts bin ich dein Pferd“, übersetzt von Reiner Kornberger – eben jenem Bremer Spanisch-Lehrer, dessen Lehrauftrag an der Universität nach einem heftigen Konflikt mit der „Arbeitsstelle gegen sexuelle Diskriminierung und Gewalt“ 1998 nicht verlängert wurde.

Kornberger hat jüngst einen gerichtlichen Vergleich erreicht, den er als Rehabilitierung in dem damaligen Konflikt versteht: Die Universität hat vor dem Verwaltungsgericht klargestellt, sie werfe ihm „nicht vor, sich als abgeordneter Lehrer an der Universität Bremen sexuell diskriminierend verhalten zu haben“. Kornberger war davon ausgegangen, dass ihm derartiges vorgeworfen wurde, als er damals sowohl beim Fachbereich wie schließlich beim Rektorat Dienstgespräche über derartige Vorwürfe von Studentinnen führen musste. Die Universität habe ihm das aber auch damals nicht vorgeworfen, erläutert der Sprecher der Uni die Klarstellung vor Gericht.

Kornberger hatte darauf insistiert, dass zum Erlernen der spanischen Sprache auch das Vokabular der Erotik gehört und darauf verwiesen, dass die audivisuellen Materialien, die er eingesetzt hat, Filmausschnitte der Elite des spanischen Filmschaffens gewesen seien. Der Rektor hatte daraufhin festgestellt: Wenn Studentinnen die „grundsätzliche Sexualisierung ihres Unterrichtes“ kritisieren, müsse der Spanisch-Lehrer „unabhängig davon, ob Sie diese Kritik teilen (...) Materialauswahl und -einsatz so modifizieren, dass kein Anlass zu Beschwerden besteht“.

Die „Richtlinie der Universität Bremen gegen sexuelle Diskriminierung und Gewalt“, die Vorwürfe und Konsequenzen aus Vorwürfen ohne die Chance einer objektivierenden Klärung des Sachverhalts zulässt, ist nach dem Streit um den „Fall Kornberger“ nicht verändert worden. „Nach rechtsstaatlichen Grundsätzen ist sowas kaum nachvollziehbar“, sagt Kornbergers Anwalt Jürgen Maly.

Auch als Kornberger dem Verwaltungsgericht die kafkaeske Lage auflösen und die Universität zwingen wollte, einmal klar zu benennen, was ihm vorgeworfen wird, konnte sich die Universität wieder unschuldig stellen: Es gab die Vorladung zu einem Dienstgespräch nach der „Richtlinie gegen sexuelle Diskriminierung“, aber keinen Vorwurf des Rektors, der Spanisch-Lehrer habe sich im Sinne der Richtlinie „sexuell diskriminierend verhalten“.

Nun ist Kornberger seinen Lehrauftrag an der Uni inzwischen los, aber das hat natürlich überhaupt nichts mit den Vorwürfen zu tun, die es nicht gab.

Mit den von ihm übersetzten „Erotischen Geschichten aus Argentinien“ demonstriert Kornberger nun auch sein Verständnis der spanischen Sprache und Literatur. Im Vorwort erinnert er an seinen Fall unter der Überschrift: „Warum vor diesem Buch zu warnen wäre...“ K.W.

Lesung aus „Nachts bin ich dein Pferd“ (edition 8, Zürich) am kommenden Dienstag, 28.11., 20 Uhr im Cafe Ambiente