Thanksgiving in der Weltwirtschaft abgefeiert

Freude und ein bisschen Wehmut: Das Wirtschaftswachstum hat seinen Höhepunkt erreicht. Ab morgen muss wieder gespart werden, sagt die OECD

BERLIN taz ■ Schöner könnte es kaum sein: Mit 4,25 und 6 Prozent können sich die Mitgliedsländer der OECD in diesem Jahr des höchsten Wirtschaftswachstums seit zehn und der niedrigsten Arbeitslosenquote seit sogar 20 Jahren erfreuen. Und so passt es, wenn die OECD-Experten in ihrem am Montag veröffentlichten „World Economic Outlook“ von einer „voll ausgereiften“ Wirtschaftstätigkeit sprechen. Das klingt nicht zufällig nach Ernte und Herbst. Ab 2001 soll es mit der Herrlichkeit schon wieder vorbei sein. Die Wirtschaft wird dann noch um 3,25 und 2002 nur noch um 3 Prozent wachsen.

Und selbst diese Zahlen werden nur erreicht, wenn Rohöl bis Ende nächsten Jahres kaum noch teurer wird – bereits jetzt gehen die OECD-Forscher davon aus, dass der gestiegene Ölpreis die Länder zwischen einem Drittel und einem halben Prozentpunkt Wachstum gekostet hat.

Während die abflauende Konjunktur für die USA wegen der Überhitzungsgefahr geradezu herbeigesehnt worden war, kommt sie für die Euroländer zu früh: Mit einem Wachstum von 2,6 bzw. 2,7 Prozent haben sie es immer noch nicht geschafft, die USA als Konjunkturlokomotive abzulösen, die immer noch auf 3,6 bzw. 3,4 Prozent kommen soll. Und Deutschland liegt dabei mit nur noch 2,5 Prozent sogar noch unter dem Durchschnitt.

Hinzu kommt, dass die OECD-Experten die Wachstumsgrenze in den Euroländern für bereits erreicht halten. Entsprechend warnen sie vor steigenden Preisen und fordern die Europäische Zentralbank auf, ihre Zinspolitik zu forcieren. Das wäre aber genau das, was die Konjunkturforscher an den deutschen Instituten in ihrem Herbstgutachten als großes Risiko beschrieben haben: Sie befürchteten, dass höhere Zinsen die Konjunktur erst richtig abwürgen würden. Für Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) dürfte egal sein, aus was für Gründen das Wachstum geringer ausfällt, als er zur Finanzierung seiner Steuerreform geplant hatte. Mittelfristig könnte er in Nöte kommen, meinen die OECD-Experten und mahnen genau das an, was die wenigen Kritiker der Reform längst befürchtet hatten: „eine strikte Ausgabendisziplin“, sprich Sparpolitik. BEATE WILLMS