Filmstarts à la carte
: Zu früh triumphiert

■ Der quantitative Anteil von Kinderfilmen am wöchentlichen Berliner Kinoprogramm ist durchaus bedeutsam. Und das nicht nur, wenn - wie in der kommenden Woche - gerade einmal die Märchentage stattfinden. Demgegenüber gestaltet sich die kritische Würdigung des Kinos für Kids in den Medien allerdings eher mickerig. Deshalb an dieser Stelle heute ein kleines Kinderfilm-Special: Im Rahmen der erwähnten Märchentage zeigt das Balázs-Kino die skandinavische Produktion „Das Auge des Adlers“ von Peter Flinth, die ihren Betrachter flugs ins Mittelalter entführt. Da muss sich der zunächst recht hochmütige Königssohn Valdemar mit einem gleichaltrigen Küchenjungen zusammenraufen, um einen Anschlag auf seines Vaters Leben und Thron zu vereiteln. Dank der pädagogisch korrekten Überwindung der Klassenschranken gelingt es den beiden dann aber, sogar mächtige Feinde wie einen selbstsüchtigen Bischof und den einäugigen Ritter mit seinem geheimnisvollen Adler zu besiegen. Dabei bleiben die Abenteuer der beiden Jungen weitgehend spannend - nur der Kunstnebel wabert vielleicht ein wenig heftig durch die Kulissen.

„Das Auge des Adlers“ 24./ 26.11. im Balázs

■ Filmisch noch überzeugender gestaltet sich das kleine Meisterwerk „Katja und der Falke“ des Dänen Lars Hesselholdt. Seine Heldin, die neunjährige Katja, ist ein stilles und eher abweisendes Mädchen, dessen Eltern nie Zeit haben und nur über den Anrufbeantworter mit ihr kommunizieren. Hesselholdt zeigt die Eltern anfangs überhaupt nur einmal - und dann bloß ihre Beine. Mit anderen Kindern versteht sich Katja auch nicht, stattdessen beobachtet sie lieber Vögel. So kommt es, dass Katja mit einem aus dem Horst gefallenen Falken während eines Gewitters in einem Lastwagen Unterschlupf sucht und schließlich einschläft. Als sie wieder aufwacht, befindet sie sich in einer italienischen Hafenstadt, wo es vier gewitzten kleinen Jungen nach geringfügigen Anlaufschwierigkeiten trotz der unterschiedlichen Sprachen und Kulturen gelingt, Kontakt zu Katja herzustellen. Der vertieft sich zu einer Freundschaft, als die Kids ihr helfen, den Falken aus den Fängen eines Präparators zu befreien. Wie die kühle kleine Blonde aus dem Norden unter südlicher Sonne langsam auftaut und ihre schon leicht verkümmerten Fähigkeiten zur Kommunikation wiederentdeckt, erzählt Regisseur Hesselholdt fast ohne Worte in einer absolut klaren, faszinierenden Bildsprache.

„Katja und der Falke“ 23.- 29.11. im Broadway, Blauer Stern Pankow, Eiszeit, Passage

■ Ebenfalls aus Skandinavien stammt „Tsatsiki - Tintenfische und erste Küsse“, die Geschichte vom achtjährigen Tobias alias „Tsatsiki“, der nur allzu gern seinen ihm unbekannten Vater, eine griechische Ex-Urlaubsliebe seiner Mutter, kennen lernen möchte. Die Mama ist von dem Gedanken zunächst gar nicht begeistert -auch wenn es am Ende dank Tsatsikis Initiative doch noch zu dem mit Spannung erwarteten Treffen kommt. Doch eigentlich geht es der schwedischen Regisseurin Ella Lemhagen eher um die ganz alltäglichen - und trotzdem ungemein wichtigen - Dinge im Leben ihres Protagonisten: das kleine blonde Mädchen, bei dem Tsatsiki sich Chancen ausrechnet, die gewalttätigen Auseinandersetzungen mit dem Schulrowdy, die komplizierten Beziehungskisten der Mutter. Ein Leben, in dem nicht immer alles so klappt wie man es plant, und wo Tsatsiki auch schon einmal zu früh triumphiert und dann doch noch eins auf die Nase bekommt. Aber der Grundton bleibt immer optimistisch - und die nächste Party bei der netten kleinen Blonden kommt bestimmt.

„Tsatsiki - Tintenfische und erste Küsse“ 23.-29.11. im Blow Up, Broadway, Moviemento; 25./26.11. im Filmtheater Friedrichshain

Lars Penning