Junghundestunde

Hauptsache Postproduktion: Der Deutsche Schnitt-Preis wurde in Lünen an die Cutterin Bettina Böhler vergeben

Am 2. Dezember werden in Paris die Eurofilmpreise wieder an die üblichen Verdächtigen gehen, wie immer sind die Cutter nicht dabei. Obwohl: „Der Film entsteht im Schneideraum“, erkennen Nikolaus Nikitin und Oliver Baumgarten, Chefredakteure des Bochumer Magazins Filmschnitt. Denn wenn einer wie Lars von Trier mit 36 Kameras filmt, wird die Postproduktion zur Hauptsache.

Da Paris versagt, muss Lünen ran. Dorthin kommt man, wenn man auf der eingleisigen IC-Strecke eine Station nach der mit dem Namen „Preußen“ aussteigt. Die Stadt veranstaltet das Fest für Deutsche Filme in der Lichtburg, und das Schnitt-Magazin vergibt den Deutschen Schnitt-Preis – dieses Jahr dotiert mit 15.000 Mark von der Filmstiftung NRW, d. h. von Dieter Kosslick, dem designierten Chef der Berlinale. And the Schnitt-Winner 2000 is ... Schnitt!

Schlag Mitternacht stand ich auf der Festparty, genauer: auf dem Startblock im städtischen Schwimmbad, um meinem Team zum Sieg zu verhelfen. Hinterher lobten alle mein Schwimmstil-Crossover. Wir wurden die Letzten. Muss denn überhaupt der Kritiker ins Wasser? Schnitt!

„Nein!“, sagte Kosslick sehr entschieden, womit er freilich die Frage des Branchen-Workshops beantwortet hatte: „Muss jeder Film ins Kino?“ Und der Filmstau im Kino? Festorganisatorin und Moderatorin Elfriede Schmitt schlug vor, ein Netzwerk zu etablieren.

Schnitt! Baustelle am Willy-Brandt-Platz. Lichtburgchef Gerhard Politt wird sich dort mit fünf statt zwei Kinos und mit doppelten Sitzplätzen im neuen Cinema etablieren. Schnitt!

Auf der Bühne im Lukacz, dem Lünener Aktionszentrum, steht die Schnitt-Jury. Warum dieser Preis? Regisseur Dominik Graf: „Der Schnitt ist wirklich Film.“ Kosslick: „Ohne Schnitt kein Film“ – das war die Kurzfassung von: „Das berühmte Quadriga-Rennen aus meinem Lieblingsfilm ‚Ben Hur‘ wäre ohne den Schnitt kaum spannender als eine Verkehrsüberwachungskamera an der A1.“ Und doch die Standortpromotion von Köln: „Wir von der internationalen Filmschule in Köln wollen die Cutter-Ausbildung professionalisieren: die Schnittschule.“ Schnitt! Das Stadtmarketing kündigt in Lünen aktuell während der Filmfesttage eine „Welpen- und Jungehundestunde“ der Dackel- und Hundefreunde Lünen und Umgebung e. V. an.

Schnitt! Ich mag das Filmfest in Lünen sehr. Unverwechselbar. Auch mit dem Deutschen Schnitt-Preis bin ich ganz einverstanden. Bettina Böhler, die Cutterin des deutschen Postterrorismus-Films „Die innere Sicherheit“, bekam ihn für die niedrige Schnittfrequenz. Sie entspricht meiner Schlagfrequenz im Stadtbad. DIETRICH KUHLBRODT