Neue Prozess-Runde um den Flughafen

■ Landgericht hält Nutzung der Sonderstartbahn durch den Jumbo im vergangenen Mai für rechtswidrig, erklärt sich aber für unzuständig / „Schwarze-Peter-Spiel zu Lasten der Anwohner“

Recht haben und Recht bekommen vor Gericht sind zweierlei Dinge. Dies mussten die Flughafen-Anrainer und Streiter der „Vereinigung zum Schutze Flugverkehrsgeschädigter“ (VSF) jetzt wieder erfahren. Der Vorsitzende Richter am Landgericht, Helmut Gass, erklärte freimütig, dass die Nutzung der 300 Meter-Sonder-startbahn des Flughafens durch den Spektakel-Flug des Jumbo im vergangenen Jahr rechtswidrig gewesen war, aber das Landgericht sei eben nicht zuständig für die Klage. Der Bauer Wähmann war als Kläger aufgetreten, der 1991 bei Bau der Sonderstartbahn per Grundbucheintrag von der Stadt zugesichert bekam, diese jeweils 300 Meter der Rollbahn auf beiden Seiten dürften nur gebaut werden, weil sie ausschließlich für Transporte der Airbus-Flügel der Dasa genutzt werden sollten.

„Nicht zuständig“ hatte Richter Gass schon einmal gesagt, als der Bauer vor knapp einem Jahr die Starts von Dasa-Erprobungsflügen auf diesen 300 Metern Sonderstartbahn unterbinden wollte. Zufällig hatte er von seinem Garten aus im Dezember 1999 beobachtet, wie die Sonderstartbahn von einem ganz anderen Flugzeug genutzt wurde – und auf Nachfrage erfahren, dass dafür schon seit dem Juni 1999 eine Genehmigung des damals zuständigen Bremer Senators Uwe Beckmeyer (SPD) vorliege. Auch das Oberlandesgericht erklärte, es sei „nicht zuständig.“

Daraufhin war der Bauer mit seinem Eilverfahren vor das Verwaltungsgericht gegangen. Das Verwaltungsgericht hat dann im Mai 2000 erklärt, eigentlich sei das Landgericht zuständig gewesen. Die Sondergenehmigung, entschied das Verwaltungsgericht in der Sache, sei rechtswidrig, weil „offensichtlich“ die im Grundbuch verbrieften Rechte des Bauern damit verletzt würden. Die Stadt ging in Berufung und das Oberverwaltungsgericht urteilte am 10. Juli 2000, nun seien fünf der sechs Starts schon gelaufen, dann sei es auch nicht so schlimm, wenn der Bauer trotz der Rechtslage auch den sechsten Start hinnehmen müsse. Wortlaut des Urteils: „Der noch ausstehende eine Flugzeugstart belastet den Antragsteller (Wähmann, d.Red.) über die Tatsache der Nichterfüllung der städtischen Unterlassungspflicht hinaus nicht erkennbar“.

Da am 7. Mai nun auch noch ein Jumbo in spektakulärer Weise über die Sonderstartbahn gerollt war, wollte der Anwalt des Bauern von der Stadtgemeinde zumindest die förmliche Anerkennung der „Unterlassungspflicht“ schriftlich bekommen. Die Stadt weigerte sich aber, diese Erklärung abzugeben. So ging Anwalt Ludolf Lübking erneut vor Gericht – und zwar vors Landgericht, das vom Verwaltungsgericht ja für zuständig erklärt worden war.

Da nun das Landgericht wieder sich für „unzuständig“ erklärt hat, geht der Reigen erneut los. „Ein Schwarze-Peter-Spiel zu Lasten der Anwohner“, kritisiert die Vertreterin der VSF, Moni Moschel, das gerichtliche Hin und Her. Der Bremer Senat könnte das Spektakel beenden, wenn er sich an die 1991 unterschriebenen Verträge halten würde.

In der Sache hat das Verwaltungs-gericht schon beim letzten Mal gezeigt, dass es das Recht eindeutig auf der Seite des klagenden Bauern sieht. Nur: Wann das Verwaltungsgericht den Fall terminiert, steht derzeit noch in den Sternen.

Derweil hat die Flughafen-AG selbst ein Gutachten in Auftrag gegeben, das Argumente dafür bringen soll, die Sonderstartbahnen generell für die Starts und Landungen zu nutzen. Das wäre erstens vertragswidrig und zweitens nur die Einladung an die Fluggesellschaften, ältere und lautere Maschinen in Bremen einzusetzen, sagt Moni Morschel von der VSF. „Bei den Flughafen-Anrainern stehen die Zeichen auf Sturm.“ K.W.