„Macht ohne Verantwortung“

betr.: „Fehlerkultur bei der Bahn“, taz vom 16. 11. 00

DB AG-Chef Mehdorn meint also, es sei verrückt („eine Manie“), dass in Deutschland Verantwortung personalisiert werde. Wofür erhalten dann er, seine Vorgänger und die jeweiligen Verkehrsminister ein Vielfaches der Bezüge von LokführerInnen oder KundenbetreuerInnen?

Jahrzehntelang herrschte bei der Bahn das Prinzip „institutionalisierte Verantwortungslosigkeit“. Was nicht erwirtschaftet wurde, zahlte der Eigentümer, konkret: die Steuer Zahlenden. Auf die Führungsebene – Bahnvorstand und Verkehrsminister – übertragen, heißt dieses Prinzip „Macht ohne Verantwortung“.

Die Macht der unterlassenen Handlungen und der Fehlentscheidungen hat dazu geführt, dass die Bahn ähnlich abgewirtschaft hat, wie es die Volkswirtschaft der DDR Ende der 80er-Jahre war. Generationen von Verkehrsministern und Bahnvorständen haben auf Prestigeprojekte gestart und den größten Teil des Gesamtsystems vergammeln lassen. Dadurch sind bei der Bahn hunderttausende Arbeitsplätze und die Motivation der Beschäftigten zerstört worden. Liegt bei diesen Verhältnissen nicht das Wort vom Diebstahl am Volksvermögen nahe?

Verantwortungsvolles Handeln hat seine Grundlage in persönlicher Verantwortung. Das ist keine Manie, sondern Voraussetzung für eine No-Nonsense-Politik – auch in puncto Verkehr.

PATRIK WERNER, Münster