Ansteckgefahren

■ Wegen eines PDS-Partei-Abzeichens bangt eine Hamburgerin um ihren Job

Stein des Anstoßes ist ein 1,5 cm langer und 0,5 cm hoher Anstecker mit der Aufschrift PDS. Anna Kühn*, Mitglied des PDS-Landesvorstandes in Hamburg, trägt ihn mit Vorliebe an ihrer Jacke oder am Pullover. Auch bei der Arbeit im Call-Center einer Hamburger Telefonmarketingfirma.

Am Dienstag wurde ihr von ihrem Vorgesetzten verboten, den Anstecker weiterhin am Arbeitsplatz zu tragen. Die Firma möchte politische Meinungsäußerungen aus ihrem Geschäft heraushalten und Neutralität bewahren. Nun fürchtet Kühn um ihren Job: Auch wenn es ihr nicht angedroht wurde, können Zuwiderhandlungen gegen die Betriebsordnung den Rausschmiss bedeuten.

Die Firmenneutralität im öffentlichen Bereich ist sowohl in der Betriebsordnung als auch im Arbeitsrecht festgelegt. Die Gewerkschaft ÖTV meint jedoch, entscheidend sei, wie sehr der Arbeitnehmer in direktem Kontakt mit Kunden steht. Die ÖTV stützt sich in ihrer Argumentation auf ein Urteil des Bundesarbeitsgerichtes zum Tucholsky-Zitat „Soldaten sind Mörder“. Persönlichen Umgang mit Kunden hat Anna Kühn im Call-Center nicht: Sie telefoniert. Der Arbeitgeber dürfe das Tragen eines PDS-Ansteckers unter diesen Umständen nicht verbieten, meint die ÖTV.

Kühn fühlt sich bestärkt und möchte gegen das „Trageverbot“ vorgehen: „Kampflos gebe ich nicht auf, mein Arbeitgeber beschränkt mich in meinem Recht auf freie Meinungsäußerung“, sagt sie. Deshalb hat sie die Bundestagsfraktion der PDS in Berlin um Hilfe gebeten. Sie will nächste Woche eine kleine Anfrage an die Regierung im Bundestag einbringen, um die Stärkung von Bürgerrechten im Arbeitsrecht zu erwirken.

Thomas Pauly

*Name geändert