■ Rosi Rolands Bremer Geschichten: Betr. Sondermüll
„Rosi, lerne Menschen kennen, denn sie sind veränderlich“ – so schrieb es seinerzeit die heiß geliebte Tante Undine ihrer erklärten Lieblingsnichte Rosi, also mir, ins Poesie-Album, das Vater Roland höchstpersönlich auf dem Titelblatt mit dem zutiefst hanseatischen Wilhelm-Kaisen-Schnack „Kiek nich in't Muusloch, kiek in de Sunn“ versehen hatte.
An Tantchens Schnack habe ich mich dieser Tage aufs Heftigste erinnert gefühlt, als ich den Bremer Medien entnehmen konnte und musste, dass der Junge Union-Landeshäuptling und obendrein Ausländerausschussmitglied, Claas Rohmeyer, sich kritisch zur Einwanderungsdebatte und zum Begriff „deutsche Leitkultur“ geäu-ssert hatte und dabei sogar erklärte „Wir in der Jungen Union Bremen haben immer schon gesagt: Wir brauchen Zuwanderung in Deutschland. Sonst bekommen wir riesige Probleme.“
Das haben Claas & Co. schon immer gesagt? Ich, Rosi Roland, als Inhaberin eines zwar chaotischen, aber doch pickepackevollen Archivs, weiss es besser. Und erinnere mich eines Rohmeyer-Spruchs aus den gar nicht so fernen 90er Jahren, als der damalige Vorsitzende des Stadtbezirks Ost sich gegen die Unterbringung von Asylbewerbern in der Hans-Bredow-Straße mit den Worten wandte: „Schon die Unterbringung Drogenabhängiger an der Osterholzer Heerstraße wurde vom Beirat nur mit Bauchschmerzen gebilligt. Doch jetzt muss Schluss sein. Osterholz ist kein Ablageplatz für Genossen- und Ampelsondermüll.“
Aber natürlich freue ich mich, wenn junge Leute lernfähig und bereit sind, ihre Positionen von gestern und vorgestern zu verlassen. Und falls Claas Rohmeyer demnächst Schmiere steht, wenn ich das Auto des schlimmen Brechmitteldoktors Ritter vom polizeilichen Beweissicherungsdienst mit einem Poesiealbum-Vers zur Erinnerung an den hippokratischen Eid versehe, dann schenke ich dem Studenten Claas Rohmeyer eine Mensa-Marke und bietet ihm das DU an. Das verspricht hoch und heilig
Ihre Rosi Roland
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