„Abi nach zwölf Jahren“ spaltet auch die Schulen

■ Die bremische Bildungspolitik produziert Kompromiss-Strukturen ganz eigener Art

„Laut, vielstimmig, aber unorganisiert, ein wenig verstaubt und orientierungslos – so ziehen die SPD-Bildungspolitiker zur Zeit wieder einmal durch die Nacht des bildungspolitischen Waldes in Bremen.“ Mit diesem Satz beginnt eine Pressemitteilung, mit der der CDU-Fraktionsvorsitzende Jens Eckhoff sich dagegen zur Wehr setzt, dass der Koalitionspartner SPD die gemeinsamen bildungspolitischen Beschlüsse als Reformschritte der SPD verkaufen will (vgl. taz vom 24.11.). Man sieht an diesem Satz, dass Eckhoff wieder eine Pressesprecherin hat, die beim Formulieren hilft. Die Frage, warum die CDU-Bildungspolitiker mit durch die Nacht ziehen, wenn auch weniger laut singend, bleibt allerdings unbeantwortet.

Der Schulleiter des Kippenberg-Gymnasiums war einigermaßen überrascht, als er aus dem Bildungs-ressort von Überlegungen hörte, nach denen er auch wieder einen Klassenzug für Abitur in 13 Jahren eintrichten soll. „Das war nicht der Wunsch der Schule“, erklärt er. Mit ihm geredet haben die Bildungspolitiker von CDU und SPD vorher auch nicht. Er hätte ihnen sonst erklärt, dass es nicht geht, neben den spezifischen Profilen der Schule (es gibt Klassenzüge mit Musik- und mit Kunst-Schwerpunkt) auch noch Klassenzüge für zwölf und für 13 Jahre anzubieten. Der Koalitionsbeschluss stellt somit die von der Schule entwickelte Profilbildung in Frage.

Das Kippenberg wollte gerade nicht „Hochbegabte“ aufsammeln, sondern für den gymnasialen Bildungsgang begabte Kinder gezielt in ein Curriculum „Abitur in zwölf Jahren“ aufnehmen. „Wir müssen das Lernalter vor der Pubertät nutzen“, begründet Schulleiter Günter Gerlach den Gedanken. Warum die CDU dem Beschluss zustimmen konnte, ist ihm ein Rätsel.

In der Oberstufe die Hochbegabten zusammenzufassen „macht sehr viel weniger Sinn“, sagt Gerlach. Genau das ist das andere Modell, das auch unter der Überschrift „Abitur in zwölf Jahren“ verkauft wird. Am Schulzentrum Alwin- Lonke-Straße zum Beispiel soll im kommenden Schuljahr eine kleine Klasse von etwa 15 Schülern nach diesem Modell die Oberstufe beginnen. Aus ganz Bremen-Nord wird die Schule dafür die „leistungs-stärksten“ SchülerInnen schon in der Mitte der zehnten Klasse herauslocken, die würden dann praktisch ein Jahr überspringen und in die Kurse der elften Klasse „eingeschleust“. Es gibt nur wenige Extra-Kurse für die „Springer“. Nach dem bisherigen Lehrplan würden die zweite Hälfte des zehnten und die erste Hälfte des elften Schuljahrs wegfallen. Grund- und Leistungs-Kurse für „Schnellläufer“ sollen im wesentlichen dieselben sein wie die für die SchülerInnen, die nach den normalen 13 Jahren ihr Abitur machen. Am 12. Dezember dieses Jahres ist Meldeschluss für die „Schnelläufer“ an der Alwin-Lonke-Straße.

Schulleiter Dietmar Rettkowski betont, dass das Angebot an besonders Hochbegabte kein Schritt ist zur generellen Einführung des „Abiturs nach zwölf Jahren“ im Sinne der CDU-regierten Länder, was er auch schulpolitisch ablehnen würde. K.W.