Profi-Treffen in der Kreisklasse

Der momentan arbeitslose Sergej Kirjakow hält sich beim Berliner KreisligistenTuS Makkabi fit, hat sich aber die alte Arroganz des Fußballprofis erhalten

BERLIN taz ■ Die erste Mannschaft des jüdischen Turn- und Sportvereins Makkabi Berlin kickt in der Kreisliga A. Das ist die achte Klasse im deutschen Fußball und sportlich nicht allzu bemerkenswert. Aber der Vorstand hatte neulich eine Meldung zu dementieren, die in dieser Liga eher ungewöhnlich ist. Nein, hieß es da, an eine Verpflichtung von Sergej Kirjakow, dem früheren russischen Nationalspieler, dem Ex-Profi von Karlsruher SC, Hamburger SV und Tennis Borussia Berlin sei nicht gedacht. Der Grund für das Gerücht war, dass der vereinslose Kirjakow seit zwei Monaten bei Makkabi mittrainiert, um sich fit zu halten. „Sie glauben doch nicht, dass ich so was kommentiere“, meint Kirjakow zum Dementi des Makkabi-Vorstandes. Die Arroganz des früheren Spitzenkickers hat er sich erhalten: „Ich habe da doch ganz andere Aussichten.“

Kirjakow schlurft im Makkabi-Trainingsanzug auf den Platz in Berlin-Wilmersdorf, doch die Frage, ob einer wie er noch für die zweite oder gar erste Liga interessant ist, stellt sich ihm nicht. Bis zum Ende der letzten Saison war Kirjakow beim Zweitliga-Club Tennis Borussia unter Vertrag, der damals noch große Ziele bis hin zur Champions League hatte. Sportlich schaffte die Mannschaft von Trainer Winfried Schäfer gerade mal den Nichtabstieg, aber im Juni 2000 erfolgte der Lizenzentzug und Zwangsabstieg in die Regionalliga. Kirjakow und seine Ex-Kollegen reichten beim Arbeitsgericht Klage ein, um Gelder, die ihnen aus ihrer Sicht zustehen, auch wirklich noch zu erhalten. Am 19. Dezember wird vermutlich das Urteil gesprochen. Viele Ex-Kollegen haben neue Arbeitgeber, aber Kirjakow tat erst mal und lieber gar nichts. Ob er laufende Einnahmen hat? „Eine dumme Frage. Sehr dumm.“

Vor zwei Monaten fand er sich bei seinem Freund Juri Sekinajew ein. Der war früher auch Profi und ist jetzt Cheftrainer bei TuS Makkabi. „Juri kenne ich schon aus russischen Tagen, er macht ein sehr gutes Training, es ist gut durchgeplant, und es macht Spaß.“ Bei Makkabi spielen auch zwei weitere Ex-TeBe-Profis: Michael Rousajew und Goran Markov. Rousajew, der über den Umweg Carl-Zeiss Jena zum jüdischen Club fand, hat mittlerweile eine Arbeitsstelle in Moskau und wird zu den Makkabi-Begegnungen eingeflogen. „Aber so darf man das nicht formulieren“, schränkt Makkabis sportlicher Leiter Tuvja Schlesinger ein, das klinge ja so, als sei Makkabi größenwahnsinnig. Der Grund, warum der Ex-Profi Rousajew beim Kreisligisten spielt, sei, dass seine Familie weiter in Berlin-Wilmersdorf lebt, „und wenn Rousajew am Wochenende zu seiner Familie kommt, spielt er auch in einem Wilmersdorfer Verein Fußball.“

Auch Goran Markov, der 1994/95 bei Hansa Rostock einige Erstliga-Einsätze hatte, lebt in Wilmersdorf, und daher, so Schlesinger, kicke er halt beim nächstgelegenen Club. Nicht viel anders sei es auch bei Kirjakow, der im Stadtteil Reinickendorf wohnt. Der trainiert freilich bloß, trägt nur den Makkabi-Trainingsanzug, nicht aber das Club-Trikot zu den Spielen. „Schauen Sie, bei uns in der Kreisliga A spielen auch die Sportfreunde Kladow“, erläutert Schlesinger das Normale an der Profihäufung bei seinem Kreisligisten, „weil er gerade ohne Vertrag ist und dort wohnt, kickt auch Steffen Karl mit, der Ex-Dortmunder und Ex-Herthaner.“ Im Gegensatz zu Karl und Markov hat Kirjakow jedoch gute Angebote. Sagt Kirjakow. Wo diese Angebote herkommen, will er freilich nicht verraten. Das werde man nach seinem Arbeitsgerichtstermin schon sehen.

Der TuS Makkabi ist ein jüdischer Verein, aber bei Makkabi spielen auch viele Nichtjuden. „Damit habe ich nichts zu tun“, meint Kirjakow auf die Frage, warum er ausgerechnet beim einzigen jüdischen Verein in Berlin gelandet ist, „ich bin nur wegen dem Trainer hier. Außerdem trainiere ich hier nur drei Mal die Woche, ich bin auch noch bei einem anderen Verein. Praktisch trainiere ich jeden Tag.“

Deswegen ist er nicht nur in Bezug auf das Arbeitsgericht optimistisch, sondern auch, dass nach Stationen in der ersten und zweiten Bundesliga nun nicht die Kreisliga seine Zukunft bedeutet. MARTIN KRAUSS