nebensachen aus nikosia
: Wenn die Synode Wahrheit dekretiert

Streit am anderen Ufer der Insel

Wenn auf Zypern die Große Synode der griechisch-orthodoxen Kirche zu einer Sondersitzung zusammentrifft, ist im Allgemeinen Gefahr im Verzug. Bisher ist dies überhaupt nur ein einziges Mal geschehen, und damals, 1973, wollten die revoltierenden Bischöfe der Insel ihren eigenen obersten Hirten, Erzbischof Makarios, den Garaus machen – ohne Erfolg.

In diesem November geht es allerdings um Schlimmeres. Mehrere Zeugen haben angegeben, der Erzbischof von Limassol, Athanassios, sei schwul, ja, sie hätten gar die Liebe mit ihm praktiziert. Über Monate bewegte dieser ungeheuerliche Vorwurf nicht nur den Klerus. Da wurden Protokolle abgehörter Telefongespräche zwischen Klerikern in der Presse veröffentlicht. Da stellte sich Erzbischof Chrysostomos persönlich vor seinen umstrittenen Bischof, da sprach Athanassios selbst von einer üblen Verschwörung gegen ihn und das heilige Bischofsamt. An letzterem könnte etwas dran sein, denn Erzbischof Chrysostomos, so die natürlich unbestätigten Gerüchte, sei krank und wolle sein Amt eben Athanassios übertragen.

Und so befand die Große Heilige Synode zu Nikosia auf Zypern am 16. des 11. Monats im 2000. Jahr des Herrn einstimmig: Athanassios ist nicht schwul. Selbst freundlichen Hinweisen eines der Zeugen wurde nicht weiter nachgegangen: „Ich sagte der Synode ein Geheimnis, von dem sonst nur der Bischof weiß“, äußerte sich der Belastungszeuge Christos Stangos, ein Friseur aus Saloniki. Doch Athanassios blieb angezogen. In Limassol und Umgebung läuteten sämtliche Kirchenglocken.

Doch mit der anschließend von dem Limasoller Bischof beschworeren „Einheit der Kirche“ ist es auch nach Abschluss der Synode nicht weit her. Denn der Bischof von Paphos, von manchen Übelwollenden als der Drahtzieher eines Komplotts gegen seinen Kollegen in Limassol angesehen, verweigert nun Treffen und Händedruck mit Athanasssios.

Auch ein angeblicher Zeuge des homosexuellen Lebenswandels will sich mit dem Verdikt der Synode nicht zufrieden geben. „Diese Entscheidung erlaubt offziell Homosexualität in der Kirche“, interpretiert Andreas Constantinides den Freispruch für den Bischof von Limassol. Er sei überhaupt nur dann zu einem Treffen mit Athanassios bereit, wenn dieses nach ihrer beider Tod im Himmel stattfände. Ein Fall für Gottvater persönlich. KLAUS HILLENBRAND