And the winner is ... der Alte

■ In Vegesack bleibt alles wie es zwölf Jahre lang schon war: Reiner Kammeyer regiert weiter nach der Wahl des Beirats

Die Wahl des Ortsamtsleiters in Vegesack hätte eigentlich alles gehabt, was nach amerikanischem Ideal zu so einer Entscheidung gehört: Ein Streitgespräch der Favoriten, Fragenkataloge, Wahlmänner (der Beirat), ein möglicher Rechtsstreit (ob sich ein Kandidat selbst wählen kann), aber vor allem ein schnell ausgezähltes Ergebnis (16 Stimmen, je ein Kreuzchen) wie es am Montagabend der Fall war.

Dass es ein Kopf-an-Kopf-Rennen der Platzhirsche Reiner Kammeyer (SPD) und Rainer Buchholz (CDU) werden würde, war absehbar. Beiden fehlten jeweils nur ein oder zwei Stimmen zum Glück. Der einzige Unbekannte im Rennen um den höchsten Verwaltungsjob in Vegesack war und blieb Jürgen Grooß. Zum Streitgespräch wurde der parteilose Diplom-Biologe von den Grünen dann auch erst gar nicht eingeladen. Grooß ließ seinerseits die Wahlprüfsteine der kleinen Fraktionen unbeantwortet liegen. Und war auch für Fragebögen der Bürgerinitiativen mangels Faxnummer oder E-Mail-Adresse schlicht nicht zu erreichen.

Reelle Chancen gab es für den Dritten im Bunde ohnehin nicht. „Ich hab den Eindruck, ich hätte gar nicht kommen brauchen“, sagte er bei der Kandidatenkür am Wahlabend. Trotzdem: Er kam. Und sein Blick „von außen“ förderte noch einmal die Kuriositäten der Wahl zu Tage: Wenig Sachargumente, eigentlich nur „persönliche Querelen“ innerhalb des Beirats mit seinen Kandidaten. Das Aufkommen jener Wahlprüfsteine, die sich offensichtlich gegen die SPD und Kammeyer richten sollten. Und das Herumhacken auf wenigen strittigen Vegesacker Spezialitäten – das was einmal schief gelaufen ist (Haven Höövt) oder was aus dem Ruder zu laufen droht (zu wenig Sportflächen). Zu solchen Detailfragen konnte Grooß als Quereinsteiger aus Syke naturgemäß wenig sagen. „Ich kann ihnen ja auch keinen Fußballplatz versprechen.“ Am Ende erntete Grooß mit seiner berechtigten Kritik zwar heftigen Applaus von Publikum und Beirat – aber eben keine Stimmen.

Auch das Kreuzverhör des Beirats bei den Kandidaten Kammeyer und Buchholz blieb streckenweise äußerst dubios: Da wurden Spezialfragen im halben Dutzend runtergelesen, ohne dann bei ausweichenden Antworten auch nur ein einziges Mal nachzuhaken. Oder man lieferte dem eigenen Kandidaten eine peinliche Steilvorlage, sich noch zu seinem Lieblingsthema äußern zu können. Ein Anderer wollten abschließend sogar wissen, welche Fremdsprachenkenntnisse die Kandidaten denn eigentlich hätten, um die internationalen Gäste der Uni Grohn irgendwann auch mal passend begrüßen zu können.

Nach zweieinhalb Stunden Fragerei ging es schließlich an die Urne. Nur einer ging nicht: Beiratsmitglied und Kandidat Rainer Buchholz. Aus Sicht des Innensenators gilt ein Beiratsmitglied, das sich selbst zum Ortsamtsleiter wählen könnte, als befangen. Buchholz hingegen wollte sich eine „juristische Prüfung“ dieser Frage offen halten, schließlich verliert seine Partei dadurch eine wichtige Stimme. In anderen Bundesländern sei das ohnehin so geregelt, dass er hätte mitwählen dürfen.

Aber dann: Das Ergebnis. 16 Stimmen. Alle gültig. Keine für Grooß. Also bleiben: Neun für Kammeyer. Sieben für Buchholz.

Am Ende war der Sieger also ganz der Alte: Reiner Kammeyer (48), seit zwölf Jahren Ortsamtsleiter, davor drei Jahre Stellvertreter, wurde im Amt bestätigt – auf weitere zehn Jahre. Die SPD-Mehrheit im Beirat (acht Stimmen) mit Unterstützung der FDP langte für die absolute Mehrheit im ersten Wahlgang. Keine Vertagung, keine weitere Wahlnacht. Jubel im Publikum. Gratulation von Buchholz. An dem Ergebnis hätte auch seine eigene Wahlbeteiligung nichts geändert, gesteht der CDU-Mann und will auf eine Klage verzichten – um nicht als schlechter Verlierer durch die Gerichtssäle zu laufen. Auch die Anspannung des Kandidaten Kammeyer war flugs und endlich vorbei: Strahle-Lächeln. pipe