770 Parzellisten fahren letzte Ernten ein

■ „Harmonie“? Vorbei! „Gute Ernte“? Verregnet! „Kornblume“? Gepflückt! „Schwachhausen“? Auch dieses Kleingartengebiet soll der Erweiterung des Uni-Technologieparks Platz machen.

Im Kleingartengebiet „Harmonie“ hängt der Haussegen schief – ebenso wie in den Parzellengebieten „Gute Ernte“, „Schwachhausen“ und „Kornblume“. Seit gestern ist es amtlich: Die rund 770 Kleingärten müssen der Süderweiterung des Technologieparks weichen. Zwar erst im Lauf der nächsten zehn Jahre. Aber der „Landesverband der Gartenfreunde Bremen“ (20.000 Mitglieder) ist sauer.

Der Senat hatte gestern einstimmig die Süderweiterung beschlossen. 54 Hektar Land sollen durch die Erweiterung gewonnen werden, weitere elf Hektar sollen im bereits bestehenden Technologiepark verdichtet werden. „Die Erfolgsstory Technologiepark kann fortgeschrieben werden“, frohlockte Wirtschaftssenator Josef Hattig (CDU). Bausenatorin Tine Wischer (SPD) erklärte: Bei allen „noch zu bewältigenden Schwierigkeiten“ sei die gefundene Lösung „für eine zukunftsorientierte Stadtentwicklung eindeutig die beste“.

Die „noch zu bewältigenden Schwierigkeiten“ dürften vor allem in der zu erwartenden Gegenwehr der Kleingärtner liegen. Die gingen gestern auf die Barrikaden. „Wir sind ganz schön entsetzt“, sagt der Gartenfreund-Geschäftsführer Dietmar Klepatz nach einem ersten Gespräch mit Bausenatorin Wischer. „Bei allem Verständnis für die Entwicklung Bremens – da machen wir nicht mit“. Heute um 11 Uhr ist im Vereinsheim „Harmonie“ eine Krisensitzung der Vereine mit dem Landesverband der Gartenfreunde anberaumt.

Unterstützung kam gestern vom Landeschef des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND), Hermann Cordes. „Wir sehen uns in der Pflicht, jetzt den Kleingärtnern den Rücken zu stärken“. Im Mai hatten der BUND und die Kleingärtner gemeinsam ein „Bündnis für Lebensqualität“ gegründet, um gemeinsam gegen die Flächenpolitik der großen Koalition aus SPD und CDU zu protestieren. Damit wollte man der Gefahr begegnen, dass Naturschützer und Parzellisten gegeneinander ausgespielt werden können. Denn alternativ zur Süderweiterung wurde in der Politik konkret vor allem die Norderweiterung diskutiert – also die Bebauung des Hollerlandes. Die CDU forderte damals das Hollerland, die SPD sprach sich für die Süderweiterung in die Kleingartengebiete aus. Kleingärtner und Umweltschützer sind dagegen überzeugt, dass auch durch eine Verdichtung des Technologieparks Flächen für weitere Bauten geschaffen werden könnten.

Im neuen Konzept des Senats wird mit Erschließungskosten von 366 Millionen Mark bis zum Jahr 2015 gerechnet. Neben den Klassikern eines Bremer Technologieparks – Forschungsinstitute, Uni-Ausgründungen oder Siemens-Waschmaschienenreparateure – sollen auch Flächen für 400 bis 500 Wohnungen und Dienstleister geschaffen werden.

Aus den Bürgerschaftsfraktionen von SPD und CDU kam gestern verhaltene Kritik an dem Senatsbeschluss. CDU-Fraktionschef Jens Eckhoff bezeichnete die Süderweiterung als „sehr bedauerlich, aber alternativlos“, da die SPD die Norderweiterung ins Hollerland abgelehnt habe. Diese Möglichkeit sei aber noch nicht vom Tisch. Der Sprecher von SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen, Werner Alfke, sagte, man hätte sich einen ausgiebigeren Dialog mit den Kleingärtnern im Vorfeld der Entscheidung gewünscht. cd