Ambitionen in Luxstärke

4:2 befördert Drittligist 1. FC Union Berlin den immerhin zweitklassigen SSV Ulm aus dem DFB-Pokal, sieht den Erfolg aber nur als kleinen Schritt auf dem nun schon sehr, sehr langen Weg nach oben

aus der Alten Försterei MATTI LIESKE

Der 1. FC Union Berlin will nach oben. Das ist nichts Neues. Diesmal allerdings gedenkt der Tabellenführer der Regionalliga Nord endlich in die Tat umzusetzen, was so viele Jahre lang misslang, und ein wichtiger Schritt auf diesem Weg sollte das gestrige Match im DFB-Pokalfinale gegen den SSV Ulm sein. Mit dem 4:2-Sieg in einem turbulenten Spiel zweier Mannschaften, zu deren hervorragenden Tugenden der erfolgreiche Torschuss nicht gerade gehört, wurde dieser Teil der Mission mit dem Erreichen des Viertelfinales zur vollsten Zufriedenheit der 3.521 Zuschauer abgeschlossen.

Seit die großen Vereine dem DFB-Pokal mit komplettem Desinteresse gegenüberstehen, sofern sie es nicht zufällig bis ins Finale im Berliner Olympiastadion geschafft haben, ist der Wettbewerb für die kleineren Klubs zur idealen Gelegenheit geworden, sich auch ein bisschen was vom großen Fußballkuchen abzuschneiden. Ein Spiel wie das vom Drittligisten Union gegen den Zweitligisten SSV Ulm im Achtelfinale wäre früher die Ausnahme gewesen, inzwischen sind solche Match-ups nahezu die Regel. 350.000 Mark haben die Berliner mit ihren Siegen gegen die Zweitligisten Greuther Fürth und Rot-Weiß Oberhausen in den Runden zuvor bereits eingenommen, eine runde Million erwartete man sich vom Viertelfinale, das günstigere Anstoßzeiten und erhöhte Fernsehpräsenz garantiert. Das Geld können beide Teams gut gebrauchen: der Bundesligaabsteiger aus Ulm, um endlich aus den unteren Regionen der zweiten Liga herauszukommen, Union, weil das Stadion an der Alten Försterei endlich modernisiert und mit Flutlicht ausgerüstet wird. Die Ambitionen des Klubs sollen so auch in gebührender Luxstärke in die Welt hinausleuchten.

Nach oben wollte der Verein aus der Wuhlheide schon immer, doch erst durfte er nicht, dann konnte er nicht. In der DDR galt die Fürsorge des Staates ausschließlich dem BFC Dynamo, während sich bei Union eher die suspekten Elemente des Arbeiter-und-Bauernstaates sammelten. Der größte Erfolg blieb der Gewinn des FDGB-Pokals 1968. Nach der Wende wollte dann der schurkische DFB wegen einiger kleiner und größerer Finanzmanipulationen die Zweitliga-Lizenz für den sportlich qualifizierten Verein nicht rausrücken, und die Westler von Tennis Borussia durften an seiner statt zum großen Sprung nach oben ansetzen. Was sie im Endeffekt gründlich vermasselten. Im letzten Jahr schließlich scheiterte der Aufstiegsfavorit Union an den eigenen Nerven, verlor erst das entscheidende Elfmeterschießen gegen den VfL Osnabrück, dann auch noch gegen die No-Names aus Ahlen.

„Wir bauen gerade die Zukunft“, sagte Trainer Georgi Wassilew nach dem Erfolg gegen Ulm, der bewies, dass Union durchaus in der Lage ist, es mit Mannschaften aus der zweiten Bundesliga aufzunehmen. Vor allem den Angriff mit dem zweifachen Torschützen Harun Isa und dem flinken Bozo Djurkovic bekamen die Ulmer nie in den Griff. Als Letzterer in der 75. Minute bei einem Konter das 3:1 erzielte, schien alles entschieden, doch mit einem von Leandro verwandelten Elfmeter nach dem Anstoß machte es die Mannschaft von Hermann Gerland noch einmal spannend. Es folgten hektische fünf Minuten, Gelb-Rot für Ulms Rösler und schließlich das alles entscheidende 4:2. Als Gegner im Viertelfinale wünschte sich der Stadionsprecher schon mal vorsorglich Schalke 04. Noch ein Zweitligist wäre auch langweilig.